PwC-Immospektive

Interpretation der FPRE-Metaanalyse Immobilien Q3/18

Aktuell befindet sich die Schweiz in einer Hochkonjunktur

Aufgrund des überdurchschnittlich hohen BIP-Wachstums von 0.6% im ersten Quartal 2018 haben die Experten ihre Wachstumsprognosen für das restliche Jahr auf 2.3% erhöht. Im Zuge dieser Hochkonjunktur hat die Beschäftigung nochmals zugelegt und den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Trotz der wirtschaftlichen Dynamik und einem Anstieg der Inflation im Mai 2018 auf den Stand von 1.0% belässt die SNB das Zinszielband weiterhin auf rekordtiefem Niveau. Der Büromarkt konnte von der Konjunkturlage profitieren und wies zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einen Anstieg der Mietpreise auf. Der Verkaufsflächenmarkt leidet dagegen weiterhin unter dem wachsenden Onlinehandel. Wohneigentum wird aufgrund von starken Rückgängen im gehobenen Preissegment zu tieferen Preisen gehandelt, während die Preise für Wohnrenditeliegenschaften weiter steigen. Da jedoch gleichzeitig Rückgänge bei den Mietzinsen zu verzeichnen sind, erhöht sich bei Renditeliegenschaften das Risiko einer Preiskorrektur.

BIP 

Überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum

Die wiedererstarkte Schweizer Wirtschaft konnte im ersten Quartal 2018 ein überdurchschnittlich hohes BIP-Wachstum von 0.6% gegenüber dem Vorquartal aufweisen. Das positive Resultat führt dazu, dass von einem Mini-Boom gesprochen wird. Weiter haben die Experten ihre Prognosen für das Jahr 2018 leicht erhöht und gehen von einem BIP-Wachstum von 2.3% (+0.1% ggü. Vorquartal) aus. Augenfällig ist das Konjunkturforschungsinstitut Créa, welches seine Erwartung gegenüber dem Vorquartal um 0.9% auf 2.4% erhöht hat. Die Prognosen der Experten liegen insgesamt um maximal 20 Basispunkte auseinander, was für eine allgemein positive Erwartungshaltung spricht. Im Jahr 2019 dürfte sich das Wirtschaftswachstum leicht abkühlen auf ein Niveau von 1.9%.1 (8,9)

Beschäftigung erreicht höchsten Stand seit 2008

Das aktuelle Konjunkturhoch hat positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Im April 2018 lag die Arbeitslosenquote auf einem ausserordentlich tiefen Niveau von 2.7%. (9,10) In Anbetracht der positiven Vorzeichen haben die Experten ihre Prognosen für 2018 bzw. 2019 weiter nach unten auf 2.8% bzw. 2.6% angepasst. (8) Die Beschäftigung erreichte im ersten Quartal 2018 ein Total von knapp 5 Mio. Personen, was dem höchsten Stand seit der Finanzkrise 2008 entspricht. Trotz zunehmender Beschäftigung besteht ein Mangel an Arbeitskräften, speziell im Fachkräftebereich.1 Dieser Mangel zeigt sich an der erhöhten Zahl an offenen Stellen. Gegenüber dem Vorjahr hat die Zahl offener Stellen im ersten Quartal 2018 um 17.9% zugenommen. (10)

Im zweiten Quartal 2018 konnte die Zuwanderung gegenüber dem Vorjahr ein wenig zulegen und so die leicht rückläufigen Ergebnisse aus dem ersten Quartal ausgleichen. Insgesamt befindet sich der Zuwanderungssaldo nach den ersten zwei Quartalen auf einem ähnlich tiefen Niveau wie 2017. (12,13) Die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative verpflichtet Arbeitgeber seit dem 1. Juli 2018, offene Stellen in Branchen mit einer Arbeitslosenrate von mindestens 8% dem RAV zu melden. Inländischen Stellensuchenden wird somit ein zeitlicher Vorsprung gewährt. Die zuwanderungsstarken Sektoren Gast- und Baugewerbe sind davon stark betroffen.

Inflation 

Erhöhte Inflationsprognose für 2018

Die Inflation, gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) stieg im Mai 2018 auf 1.0%. Ein solch hoher Stand wurde das letzte Mal im März 2011 verzeichnet. Ausschlaggebend für diese Steigerung war der starke Anstieg der Erdölpreise. Diese stiegen im Mai 2018 um insgesamt 15.2% gegenüber dem Vorjahr. Der Preisanstieg veranlasste die SNB im Juni 2018, ihre Teuerungsprognose für das Jahr 2018 auf 0.9% zu erhöhen. Ab 2019 wird der Einfluss der Erdölpreise auf die Inflation jedoch abnehmen. Vielmehr ist die Inflationsprognose ab Mitte 2019 geprägt von den gedämpften Erwartungen im Euroraum. Im Jahr 2019 wird weiterhin von einer Inflation von 0.9% ausgegangen. Für das Jahr 2020 wurde die Prognose gegenüber dem März auf 1.6% gesenkt.  (8, 11)

Starke Schwankungen bei Kapitalmarktzinsen

Die Schweizerische Nationalbank belässt ihr Zinszielband zwischen -1.25% und -0.25%. Aufgrund der anhaltend hohen Bewertung des Schweizer Frankens betreibt die SNB weiterhin eine expansive Geldpolitik. Die Experten gehen daher weiterhin von Geldmarktzinsen in der Nähe von -0.75% (Zinssatz auf Sichteinlagen bei der SNB) aus. Lediglich das Seco hat seine Prognose für 2019 gegenüber dem Vorquartal marginal auf -0.6% gesenkt. (20, 21) Deutlich stärker bewegten sich die Kapitalmarktzinsen. Der Handelskonflikt zwischen den USA und wichtigen Handelspartnern sowie politische Instabilitäten in Italien sorgten für steigende Preise und abnehmende Renditen auf Bundesobligationen. Die Rendite für eine 10-jährige Bundesobligation bewegte sich daher teilweise im negativen Bereich. Im Juni 2018 stand sie bei 0.0%. Diesbezüglich haben auch die Experten ihre Renditeprognosen nach unten angepasst.2 (20,21)

Aufgrund anhaltend tiefer Hypothekarsätze nahe ihrem Allzeit-Tiefstand ist die Nachfrage nach Hypotheken weiterhin ungebremst. Im Mai 2018 nahmen die Hypothekarforderungen gegenüber dem Vorjahr um insgesamt 2.8% zu. Der Zins für 5-Jahres-Hypotheken nahm im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0.1% auf 1.2% ab.2 (23, 24)

Bau 

Seitwärtsbewegung der Baubranche

Der Bauindex verblieb im zweiten Quartal 2018 auf dem Stand von 142 Indexpunkten. Gegenüber dem Vorquartal konnte der Hochbau nochmals zulegen und blieb auf dem Höchststand von 123 Punkten stehen. Der Tiefbau dagegen hat auf 169 Punkte abgenommen, da in den letzten Quartalen bereits ein Grossteil der Auftragsbestände abgearbeitet wurde. Dieser Normalisierungskurs dürfte auch in den kommenden Quartalen anhalten. Der hauptsächliche Wachstumstreiber der letzten Jahre, der Wohnungsbau, hat gegenüber dem Vorquartal um drei Punkte abgenommen und befindet sich auf einem Stand von 130 Punkten. Dies könnten erste Anzeichen eines verlangsamten Wachstums sein, obwohl die anhaltend hohen Auftragsbestände und die Vielzahl an Baugesuchen dagegen sprechen.3 (16,17)

Hochbauindex profitiert von Wirtschaftsbau

Der Hochbau hat im zweiten Quartal vor allem vom wiedererstarkten Wirtschaftsbau profitiert, der sich mit 128 Punkten auf dem höchsten Stand seit knapp zehn Jahren befindet. Hauptgrund dafür dürfte das dynamische Wirtschaftswachstum in der Schweiz sein.3 (16, 17)

Wohneigentum

Starker Preisrückgang im gehobenen Wohnsegment zu beobachten

Im zweiten Quartal 2018 wurde gehobenes Wohneigentum deutlich günstiger gehandelt, während die Preise im mittleren und unterem Segment leicht anstiegen. Die Preisabnahme im gehobenen Segment wirkte stärker, was insgesamt zu einer Abnahme der Wohneigentumspreise von 3.2% gegenüber dem Vorquartal führt. Der Rückgang der Wohneigentumspreise ist in allen Regionen zu beobachten und fällt in den Regionen Ostschweiz mit -3.7%, der Alpenregion mit -3.9% und der Südschweiz mit -6.7% gegenüber dem Vorquartal am stärksten aus.4 (48, 54)

Stabile Entwicklung der Wohneigentumspreise erwartet

Für die Zukunft erwarten die Experten insgesamt eine stabile Entwicklung der Wohneigentumspreise. Für Einfamilienhäuser werden sogar leicht steigende Preise erwartet. (7, 51, 57, 58, 60) Die anhaltend günstigen Finanzierungsmöglichkeiten und die konjunkturelle Dynamik stützen die Nachfrage nach Wohneigentum. Im Gegensatz zu Mietobjekten sind Eigenheime weiterhin attraktiv. Im Vergleich zu einer Mietwohnung lassen sich bei einem Kauf etwa 10% bis 15% der laufenden Kosten einsparen. Auf der anderen Seite ist jedoch bei einem Grossteil der Kaufinteressenten die finanzielle Tragbarkeit äusserst angespannt, wenn nicht sogar ausgereizt, was das Potenzial von weiteren Preissteigerungen erheblich einschränkt.5  Das Verhältnis zwischen Hypothekarvolumen und Einkommen hat mittlerweile einen absoluten Höchststand erreicht.6 Ende 2018 dürften die gesamten Hypothekarschulden zum ersten Mal den Stand von CHF 1'000 Mia. erreichen. Das Verhältnis zwischen Hypothekarvolumen und BIP beträgt im Moment 146%, was im Falle eines Zinsanstiegs zu erheblichen Problemen führen könnte.7 Weiter drosseln der erwartete Anstieg der Hypothekarzinssätze sowie der verschärfte Wettbewerb mit leer stehenden Mietobjekten die Preisentwicklung von Wohneigentum.5

Mietwohnungen

Steigende Preise für Mehrfamilienhäuser trotz sinkender Mieten

Nachdem die Wohnungsmieten zum Jahresbeginn überraschenderweise eine leichte Zunahme zu verzeichnen hatten, nahmen sie im zweiten Quartal 2018 um 1.8% ab gegenüber dem Vorquartal. Das gleiche Bild ergibt sich beim gesonderten Blick auf Alt- und Neubauten, bei welchen die Mieten gegenüber dem Vorquartal um 2.0% und 1.7% gesunken sind.8  (1, 25, 26) Weiter ist eine Reduktion der Angebotsmieten von knapp 3.0% gegenüber dem Vorjahr zu beobachten. (1, 28, 29) Im ersten Quartal 2018 wurden etwa 160'000 Mietwohnungen ausgeschrieben. Dies entspricht einer überdurchschnittlichen hohen Angebotsziffer (Mietwohnungsinserate im Verhältnis zum Gesamtwohnungsbestand) von 7.2%.9 Das schleppende Bevölkerungswachstum vermag zusätzliche Wohnungen nur schwer zu absorbieren, was in erster Linie die Vermieter ausserhalb der Zentren stark unter Druck setzt. Um Leerstände zu vermeiden, müssen immer öfters Abstriche bei den Mietpreisen in Kauf genommen werden. Für das aktuelle Jahr gehen die Experten daher von weiteren Mietpreisreduktionen aus. (5) Der wirtschaftliche Aufschwung könnte für den Mietwohnungsmarkt jedoch genau zur richtigen Zeit kommen, da die verbesserten Beschäftigungsprognosen die kontinuierlich abnehmende Nachfrage ein wenig stützen dürfte.10

Erhöhtes Risiko einer Preiskorrektur bei Renditeliegenschaften

Bei den Preisen für Mehrfamilienhäuser ist weiterhin das gleiche Bild zu beobachten. Obwohl die Wohnungsmieten rückläufig sind, steigen die Preise für Renditeliegenschaften aufgrund des anhaltenden Anlagedrucks. Für die nächsten zwölf Monate erwarten die Experten diesbezüglich keine Veränderungen. (30, 31) Vor allem für Altbauten werden stark steigende Preise erwartet. (32) In den letzten zehn Jahren stiegen die Preise von Renditeliegenschaften um knapp 60%, während in der gleichen Zeit die Wohnungsmieten um lediglich 10% zunahmen. Der starke Preisanstieg ist somit nicht alleine durch eine Zunahme der Mieten zu rechtfertigen. Die SNB geht insgesamt von einem erhöhten Risiko einer Preiskorrektur bei Renditeliegenschaften aus. Ein Anstieg des Zinsniveaus könnte gravierende Folgen haben. Erstens dürfte dies zu einem erhöhten Ausfallrisiko bei Hypotheken führen. Bei einem Anstieg der Zinsen auf ein Niveau von 5% und unter Berücksichtigung von je 1% für den Unterhalt und die Rückzahlungen würden bei etwa 50% der neu abgeschlossenen Hypotheken die Mietzinsen nicht mehr reichen, um die Belastungen (Zins- und Amortisationszahlung) zu decken. Zweitens könnten höhere Zinsen die Attraktivität von Immobilieninvestitionen gegenüber anderen Anlageklassen schmälern. Angesichts der hohen Bautätigkeit könnte dies zu einem Preisrückgang führen. In einem solchen Fall wiederum könnten Banken zusätzliches Eigenkapital oder weitere Sicherheiten zur Deckung der Hypotheken verlangen.11

Büro 

Vorübergehend leichte Erholung im Büromarkt auszumachen

Nachdem die Büromieten fünf Quartale hintereinander Rückgänge zu verzeichnen hatten, stiegen sie im zweiten Quartal 2018 erstmals wieder in allen Regionen an. Gegenüber dem Vorquartal nahmen die Mieten insgesamt um 2.6% zu. (2, 35, 36)

Vermarktung von Büros bleibt in Zukunft anspruchsvoll

Die vielversprechende Konjunkturlage der Schweiz hat die Perspektive für den Büromarkt leicht verbessert und dürfte die Nachfrage nach Bürofläche stützen. Aufgrund der hohen Anzahl an ausgeschriebenen Objekten bleibt die Vermarktung von Büros jedoch schwierig. Insgesamt befinden sich im Moment 7% der gesamten Bürofläche auf dem Markt.9 Die Erholung des Büromarktes dürfte daher nur vorübergehend sein. Der Grossteil der Experten prognostiziert für die nahe Zukunft sinkende Büromieten. (6, 40, 42)

In letzter Zeit ist auf dem Schweizer Büromarkt eine starke Expansion von internationalen Coworking-Anbietern zu beobachten. Flexible Arbeitsplätze mit Pay-per-Use Modellen und Business-Dienstleistungen liegen im Moment stark im Trend. Aktuell werden flexible Bürokonzepte vor allem von Start-ups, Freelancern oder kleineren Unternehmen genutzt. Diese profitieren von kurzfristigen Mietverträgen und personalisierten Dienstleistungen und somit von einer erhöhten Flexibilität. Coworking-Lösungen werden jedoch immer mehr auch für grosse Unternehmen interessant. Aufgrund der kürzeren und flexibleren Mietverträge können sie je nach Bedarf ihre Flächennachfrage anpassen.12

Verkauf 

Food-Segment profitiert von der wirtschaftlichen Dynamik

Die soliden Arbeitsmarktbedingungen und das Beschäftigungswachstum haben einen positiven Einfluss auf die Konsumentenstimmung. Nichtsdestotrotz konnte der Detailhandel im ersten Quartal 2018 kaum davon profitieren. Die Umsätze bewegten sich insgesamt seitwärts (+0.1% ggü. Vorjahr). Vor allem die Einzelhändler im Non-Food-Bereich mussten weitere Umsatzrückgänge in Höhe von 1.9% hinnehmen. Der Food-Bereich dagegen konnte zum zweiten Mal in Folge ein Wachstum aufweisen (+1.4%).1

Schwierige Marktbedingungen im Non-Food-Bereich

Der Strukturwandel, ausgelöst durch den stetig wachsenden Onlinehandel, schmälert die Umsätze der stationären Einzelhändler und reduziert somit deren Nachfrage nach Retail-Flächen.10 Das Scheitern des italienischen Modehauses OVS in der Schweiz ist ein Beispiel für die aktuell schwierigen Marktbedingungen. Nicht einmal zwei Jahre nach der Übernahme von Charles Vögele gab das italienische Modelabel OVS sein Vorhaben und damit seine 140 Läden im Mai 2018 auf und ging in Nachlassstundung.13 Aufgrund der anhaltenden Krise im Retail-Flächenmarkt reagieren Anleger weiterhin mit Vorsicht. In naher Zukunft ist zudem mit keinen Impulsen für eine steigende Bautätigkeit zu rechnen.10 

 

 

 

1 Credit Suisse, Monitor Schweiz, Juni 2018 

2 SNB, Quartalsheft, 02/2018 Juni

3 Baukostenindex der Credit Suisse und des Schweizerischen Baumeisterverbandes, Q2/2018

4 FPRE, Transaktionspreis- und Baulandindizes für Wohneigentum, Datenstand 30. Juni 2018

5 UBS, immo news, Sommer 2018, Ausgabe 2

6 NZZ, Schweizer Hypothekarmarkt bereitet der SNB Sorge, 21.06.2018 

7 NZZ, Hypothekarschulden in der Schweiz erreichen Rekordhoch, 07.06.2018

8 FPRE, Markmieten- und Baulandindizes von Renditeliegenschaften, Datenstand 30. Juni 2018 

9 Wüest Partner, Immobilienmarkt Schweiz, 2018/2

10 Credit Suisse, Immobilienmonitor Schweiz, 2. Quartal 2018, 24. Mai 2018

11 NZZ, Die Nationalbank warnt zu Recht, 21.06.2018 

12 Immobilien Business, Mehr Flexibilität gefragt, Juli/August 2018 

13 NZZ, Das italienische Modehaus OVS gibt Charles Vögele und die Schweiz auf, 30.05.2018

 

Verweise auf FPRE-Grafiken sind in unserem Text mit «(1)» usw. bezeichnet.

Autoren

Kurt Ritz

Partner Advisory, Zurich, PwC Switzerland

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