Sustainable Finance Schweiz – Quo vadis!

Dr. Antonios Koumbarakis Partner, Sustainability & Strategic Regulatory, PwC Switzerland 25 Nov 2020

Durch den Kampf gegen COVID-19 sind die Bemühungen um Klimawandel und Nachhaltigkeit etwas in den Hintergrund getreten. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass die finanziellen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden durch den Klimawandel, die von COVID-19 bei Weitem übersteigen könnten.

«Wenn wir jetzt nichts gegen den Klimawandel unternehmen, werden wir in 50 Jahren getoastet, geröstet und gegrillt.» Die drastischen Worte von EZB-Chefin Christine Lagarde verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, den Übergang zu einem nachhaltigen, ressourceneffizienten, kreislauforientierten, Wirtschaftssystem zu gestalten. Dabei wird dem Finanzsektor eine entscheidende Rolle zuteil.

Vor diesem Hintergrund gewinnt Sustainable Finance zunehmend an Fahrt. Vor wenigen Jahren noch ein Nischenthema, ist das Volumen nachhaltiger Anlagen allein in der Schweiz von 2018 um 62 Prozent auf knapp CHF 1,2 Billionen im Jahr 2019 gestiegen. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor, 2009, lag der Betrag noch bei CHF 32,4 Milliarden.

Dies wirft – insbesondere vor dem Hintergrund möglichen Greenwashings – die Frage auf, was gemeinhin unter Sustainable Finance zu verstehen ist. Generell beschreibt der Begriff Finanzdienstleistungen, die ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Governance) in ihre Geschäfts- oder Investitionsentscheidungen zum Nutzen der Kunden und der Gesellschaft einbeziehen.

Auch die regulatorischen Entwicklungen im Bereich Sustainable Finance sind erheblich. Um die Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sowie des Pariser Klimaabkommens zu forcieren, schreiten einige Staaten und Regionen bei der Finanzmarktregulierung voran. Insbesondere die EU nimmt mit dem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums bei der Schaffung regulatorischer Rahmenbedingungen für Sustainable Finance eine Vorreiterrolle ein. Dieser soll Investitionen in nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten fördern. Dazu betritt die EU absolutes Neuland und führt u.a. ein einheitliches Klassifikationssystem für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten und Investments, die Taxonomie, ein. In Hinblick auf die Wahl von Joe Biden sind ähnliche Massnahmen und eine Änderung der Klimapolitik auch in den USA zu erwarten – mit entsprechenden Implikationen für das Finanzsystem.

Zudem widmen sich zahlreiche Initiativen und Plattformen auf internationaler Ebene dem Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor. Hier schliessen sich unterschiedliche Akteure zusammen und schaffen breit akzeptierte Standards, wie z.B. TCFD «Task Force on Climate-related Financial Disclosures», PRI «Principles for Responsible Investment» oder PRB «Principles for Responsible Banking». In der Schweiz haben insgesamt fast 145 Institute die PRI (139) respektive PRB (6) unterzeichnet.

Was die hiesigen Entwicklungen anbelangt, so hat der Bundesrat erklärt, die Schweiz zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen machen zu wollen. Ein wichtiger Baustein in diesem Zusammenhang ist das CO2-Gesetz, das u.a. von FINMA und SNB die Überprüfung von mikro- und makroprudentiellen finanziellen Risiken des Klimawandels sowie die Ausrichtung von Finanzströmen auf Klimaziele fordert. Auch zahlreiche Verbände sind in der Schweiz aktiv, richtungsweisende «Quasiregulierung» auszuarbeiten: z.B. die Empfehlungen für die wirkungsvolle Umsetzung eines nachhaltigen Anlageprozesses von Swiss Sustainable Finance (SSF) und der Swiss Funds & Asset Management Association (SFAMA) oder der Leitfaden für den Einbezug von ESG-Kriterien in den Beratungsprozess für Privatkunden von der Schweizerischen Bankenvereinigung (SBVg).

«Der Bundesrat erklärt, die Schweiz zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen machen zu wollen.»

Um Klimawandel und Biodiversitätsverlust wirksam zu bekämpfen, schlagen WWF und PwC in einem gemeinsamen Report vor, dass alle von schweizerischen Finanzinstituten verwalteten oder gesteuerten Finanzströme einen Beitrag zu einer grünen und resilienten Wirtschaft leisten. Dafür müssen diese einem durchdachten und messbaren Übergangsprozess folgen, um bis spätestens 2050 Netto-Null-Treibhausgase (GHG) und eine vollständige Erholung der Biodiversität zu erreichen. Regulatorisch wird ein Massnahmenmix vorgeschlagen, der sich aus freiwllligen Massnahmen, Inzentivierung und regulatorischen Anforderungen speist:

  1. Das politische Bekenntnis der Schweiz, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen, in eine gesetzliche Verpflichtung für Finanzakteure übertragen.
  2. Treuhänderische Pflichten in Hinblick auf mit Klimawandel und Verlust der Artenvielfalt verbundenen finanziellen Risiken überarbeiten.
  3. Aussagekräftige Kennzahlen in Hinblick auf Klima und Artenvielfalt fördern sowie klare Standards definieren.
  4. Messbare Strategien und Ziele für Unternehmen und Finanzakteure zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt etablieren sowie damit verbundene finanzielle Risiken und Auswirkungen offenlegen.
  5. Die Portfolios von Finanzinstituten rasch auf klimakompatible und die Artenvielfalt fördernde Entwicklungspfade ausrichten.
  6. Negative respektive positive externe Effekte auf das Klima und die Artenvielfalt korrekt bepreisen/steuerlich bevorzugt behandeln.

Abschliessend betrachtet könnte der Zeitpunkt für eine wirtschaftliche Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung besser nicht sein. Der Finanzsektor befindet sich jetzt an einem Scheideweg: Er kann sich lediglich darauf konzentrieren, die prä-COVID-19-Wirtschaft wiederzubeleben, oder er kann dies mit einer Verstärkung der Bemühungen in Richtung eines nachhaltigen Übergangs verbinden.

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Germe stehen Ihnen unsere PwC Experten Ihnen beim Übergang zu einem nachhaltigen Unternehmen zur Seite. Mehr Informationen zu unserem Serviceangebot finden Sie auf unserer Webseite.

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Dr. Antonios  Koumbarakis

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