«Print bietet nach wie vor ein attraktives und kreatives Umfeld für Werbung und wird es voraussichtlich noch lange geben.»

Interview mit Philipp Mankowski, Leiter Werbemarkt Nationale Medien, Tamedia

Der rückläufige Trend bei den Werbeeinnahmen im Printbereich setzte sich 2018 fort. Dennoch stellt Print mit über 1 Milliarde Franken Umsatz bislang weiterhin die stärkste Werbeform in der Schweiz dar. Philipp Mankowski, Leiter Werbemarkt Nationale Medien von Tamedia, über neue Anforderungen an Printwerbung, Trends und die Zukunft der gedruckten Medien.

Der Print-Werbemarkt verzeichnet seit Jahren rückläufige Umsätze. Sind der Bereich «Zeitungen» und «Zeitschriften» bei Tamedia gleich stark von diesem Rückgang betroffen?

Dazu lässt sich keine pauschale Aussage machen. Es zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen innerhalb der beiden Bereiche. Tageszeitungen sind stärker vom Umsatzrückgang betroffen als zum Beispiel Sonntags- und Finanzzeitungen. Auch bei den Zeitschriften beobachten wir unterschiedliche Trends: Wirtschaftsmagazine haben im Printbereich nach wie vor einen hohen Stellenwert, wogegen bei Frauen- und Lifestyle-Zeitschriften sich der Trend mit Social Media und Influencer Marketing stark in Richtung Digital verlagert.

Auch Gratismedien verzeichnen bei den gedruckten Ausgaben rückläufige Werbeumsätze. Somit wurde die Pendlerzeitung «Blick am Abend» letztes Jahr als Printversion eingestellt. Steht «20 Minuten» ebenfalls unter starkem Druck?

Nein. Bei 20 Minuten sind die Werbeeinnahmen im Printbereich zwar auch rückläufig, können aber mit den Einnahmen aus dem Digitalen kompensiert werden. Insbesondere mit der 20-Minuten-App haben wir grosses Monetarisierungspotenzial und können eine Massenzielgruppe erreichen.

Wie können Werbekunden trotz zunehmendem Automatisierungstrend noch für Print-Kampagnen begeistert werden?

Sowohl in Print wie auch Online verlangen unsere Werbekunden verstärkt nach individuellen Konzepten, die wir gemeinsam mit ihnen entwickeln. Gross im Trend liegt weiterhin Content Marketing, was wir über unser stark wachsendes Team «Commercial Publishing» abdecken. Ausserdem sind Sonderwerbeformen sehr gefragt, wie Front Cover oder XXL-Panorama, die mit Print einen auffälligen und nachhaltigen Auftritt ermöglichen und viel Visibilität generieren. Aktuell beliebt ist die Kombination der beiden Werbeformen.

Aus dem digitalen Sektor ist «Programmatic Advertising» nicht mehr wegzudenken. Wie gross ist bei Programmatic das Potenzial respektive zeichnen sich auch Grenzen ab?

Mit Programmatic Advertising kann der Einkauf und die Erfolgsmessung von Online-Werbung automatisiert und damit der gesamte Prozess effizienter gestaltet werden. Programmatic ist ein Trend, der meines Erachtens im positiven Sinne unaufhaltbar ist. Technologische Herausforderungen und Regulierungen betrachte ich als Hürden für Programmatic, die es zu überwinden gilt, weniger als Grenzen.

Im digitalen Werbesektor fliesst ein Grossteil des Budgets an die grossen globalen Player wie Google und Facebook. Wie nehmen Sie diese internationale Konkurrenz wahr?

Der Werbemarkt steht seit Jahren unter Druck, die internationalen Technologiegiganten wie Google und Facebook verschärfen den Wettbewerb zusehends umso mehr. Ein grosser Teil der Werbegelder fliesst weg von den klassischen Medien hin zu eben diesen digitalen Playern. Um die gegenwärtigen Herausforderungen anzugehen und unsere Stellung im Schweizer Werbemarkt langfristig festigen zu können, müssen wir unsere Kräfte bündeln und wo sinnvoll Partnerschaften suchen.

Als Massnahme gegen die zunehmende Marktmacht der internationalen Player planen Tamedia, Ringier, NZZ, CH Media und SRG die Gründung einer Login-Allianz. Welches Potenzial sehen Sie in einem solchen Verbund?

Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass Medien Partnerschaften und neue Modelle im Leser- und Werbemarkt prüfen. Die geplante Login-Allianz befindet sich aktuell noch in der Phase der Evaluierung. Das Ergebnis dieses Vorhabens und die Auswirkungen auf den Leser- und Werbemarkt sind damit noch offen und können heute noch nicht genau abgeschätzt werden. Grundsätzlich sind sich alle Beteiligten einig, dass der gemeinsame Fokus auf der Verbesserung des Nutzungserlebnisses durch bedarfsgerechte Inhalte liegen muss und der Medienstandort Schweiz vor allem durch eine Allianz mit möglichst vielen Medienunternehmen gestärkt werden kann.

Im Zuge der Neuorganisation von Tamedia in eine holdingartige Struktur mit vier mehrheitlich eigenständigen Geschäftsbereichen wird Tamedia Advertising in die Goldbach Group übergehen. Wie verändert sich damit das Angebot für Ihre Werbekunden?

Mit diesem Schritt steigen wir auch im Publishing-Bereich in die Drittvermarktung ein und können somit in Zukunft unseren Kunden noch mehr Medien und breitere Zielgruppen anbieten. Ausserdem können wir individuell mit unseren Kunden reichweitenstarke, medienübergreifende Konzepte entwickeln.

Mit Blick in die Zukunft – wie lange wird es Ihrer Einschätzung nach Print noch geben?

Die Medienbranche wird sich weiter stark verändern, und durch die Konsolidierung wird die Anzahl Printmedien zurückgehen. Nach meiner Einschätzung wird es gedruckte Medien aber voraussichtlich noch lange geben, wenn auch in reduzierten Auflagen. Solange die Leserinnen und Leser sowie Kunden es wünschen, werden wir weiterhin unsere Kompetenz und Kreativität für individuelle und zielgruppenspezifische Werbekampagnen im Printbereich einsetzen.

04.07.2019

 

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Bogdan Sutter

Bogdan Sutter

Director Advisory, Strategy and Digital Change Expert, Bern, PwC Switzerland

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