Änderungen an IFRS 17 „Versicherungsverträge“

Geraldine Jennings Director, Accounting Consulting Services, PwC Switzerland Jul 16, 2020

Das IASB veröffentlichte am 25. Juni 2020 die Änderungen an IFRS 17 "Versicherungsverträge" zusammen mit einer Änderung an IFRS 4. Versicherer, die bestimmte Anforderungen erfüllen, können daher IFRS 17 weiterhin zusammen mit IFRS 9 erstmalig anwenden. Durch die Veröffentlichung wurden die gezielten Änderungen des IASB an IFRS 17 abgeschlossen, die darauf abzielten, die Implementierung des Standards zu erleichtern, indem zum einen die Implementierungskosten reduziert werden und es zum anderen den Unternehmen leichter gemacht wird, Investoren und anderen Stakeholdern die Auswirkungen der Anwendung von IFRS 17 zu erklären. IFRS 17 ist auf Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen, wobei eine frühere Anwendung zulässig ist. Die Änderungen sind zum gleichen Zeitpunkt anzuwenden.


Sachverhalt

IFRS 17 wurde vom IASB am 18. Mai 2017 veröffentlicht. IFRS 17 führt einheitliche Bilanzierungsvorschriften für Versicherungsverträge ein und wird die Bilanzierungsvorschriften in IFRS 4 "Versicherungsverträge" ersetzen.

Der IASB erkannte an, dass IFRS 17 zu grundlegenden Änderungen an den bestehenden Rechnungslegungspraktiken in der Versicherungsindustrie führt und dass die Umsetzung der neuen Rechnungslegungsanforderungen erhebliche operative Kosten, einschliesslich der Kosten für die Systementwicklung, mit sich bringt. Im Anschluss an die Veröffentlichung von IFRS 17 hat sich der IASB mit verschiedenen Interessenvertretern ausgetauscht, um den Prozess der Implementierung des Standards zu verfolgen. Dabei wurden dem Board diverse Bedenken und Herausforderungen zugetragen.

Als Reaktion auf einige der vorgebrachten Bedenken und Herausforderungen entwickelte der IASB gezielte Änderungen und eine Reihe von Klarstellungen, um die Umsetzung von IFRS 17 zu erleichtern, einige Anforderungen des Standards zu vereinfachen und den Übergang auf den neuen Standard zu erleichtern. Die Änderungen beziehen sich auf acht Bereiche von IFRS 17. Es ist nicht beabsichtigt, dass diese Änderungen die grundlegenden Prinzipien des Standards ändern oder die bereits begonnene Umsetzung übermässig beeinträchtigen. Nach Abschluss des Konsultationsprozesses in den Jahren 2019 und 2020 hat der IASB nun sein Projekt mit der Veröffentlichung des Änderungsstandards abgeschlossen.

  • Auswirkungen

Die Änderungen an IFRS 17 betreffen alle nach den IFRS bilanzierenden Unternehmen, die Versicherungsverträge ausgeben, einschliesslich Unternehmen ausserhalb der Versicherungsbranche, die solche Verträge ausgeben. Die Änderungen an IFRS 17 umfassen:

  • Erstanwendungszeitpunkt

Der verpflichtende Erstanwendungszeitpunkt von IFRS 17 (einschliesslich der Änderungen) wurde um zwei Jahre auf Geschäftsjahre verschoben, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen. Das feste Ablaufdatum der vorübergehenden Ausnahme von der Anwendung von IFRS 9 in IFRS 4 wurde entsprechend auf das Ende des letzten vor dem 1. Januar 2023 beginnende Geschäftsjahr verschoben. 

  • Zahlungen im Zusammenhang mit der Ausgabe von Versicherungsverträgen

Unternehmen sind verpflichtet, einen Teil der durch die Kosten der Ausgabe von Versicherungsverträgen verursachten Zahlungen (insurance acquisition cash flows) den damit verbundenen erwarteten Vertragsverlängerungen zuzuordnen und diese Kosten als Vermögenswert zu erfassen, bis das Unternehmen die Vertragsverlängerungen erfasst. Unternehmen sind verpflichtet, die Werthaltigkeit des Vermögenswertes an jedem Bilanzstichtag zu beurteilen und spezifische Informationen über den Vermögenswert im Anhang anzugeben.

  • Zuordnung der vertraglichen Servicemarge zu Kapitalanlageservices

Die für die zeitliche Erfassung der Servicemarge massgeblichen Deckungseinheiten (coverage units) sind unter Berücksichtigung des Umfangs des Nutzens für den Versicherten sowie der erwarteten Laufzeit bezogen sowohl auf den gewährten Versicherungsschutz (insurance coverage) als auch auf die erbrachten Kapitalanlageservices (investment services) zu identifizieren. Dies gilt für Verträge, die nach dem variable fee approach bilanziert werden ebenso wie für Verträge, bei denen die Bilanzierung dem general model folgt. Kosten im Zusammenhang mit Kapitalanlagetätigkeiten sind in dem Umfang in die Cashflows innerhalb der Grenzen eines Versicherungsvertrages (cash flows within the boundary of an insurance contract) einzubeziehen, in dem diese Tätigkeiten ausgeübt werden, um den Nutzen aus dem Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer zu erhöhen.

  • Ansprüche aus Rückversicherungsverträgen

Wenn ein Unternehmen beim erstmaligen Ansatz einer belastenden Gruppe von zugrunde liegenden Versicherungsverträgen oder bei der Aufnahme weiterer belastender zugrunde liegender Verträge in eine Gruppe einen Verlust erfasst, hat das Unternehmen die vertragliche Servicemarge einer zugehörigen Gruppe von gehaltenen Rückversicherungsverträgen anzupassen und einen Gewinn aus den gehaltenen Rückversicherungsverträgen zu erfassen. Der Betrag des Verlusts, der aus einem gehaltenen Rückversicherungsvertrag ausgeglichen wird, wird durch Multiplikation des für die zugrunde liegenden Versicherungsverträge erfassten Verlusts und des Prozentsatzes der Ansprüche aus den zugrunde liegenden Versicherungsverträgen, deren Kompensation aus dem gehaltenen Rückversicherungsvertrag erwartet werden, bestimmt. Diese Anforderung ist nur dann anzuwenden, wenn der gehaltene Rückversicherungsvertrag vor oder gleichzeitig mit der Erfassung des Verlusts aus den zugrunde liegenden Versicherungsverträgen abgeschlossen wird.

  • Weitere Änderungen zu IFRS 17 umfassen:

- Ausschluss einiger Kreditkartenverträge oder ähnlicher Verträge sowie einiger Darlehensverträge vom Anwendungsbereich des IFRS 17


- Bilanzausweis der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus Versicherungsverträgen auf Basis von Portfolios anstelle von Gruppen


- Anwendbarkeit der risk mitigation option, wenn die Minderung finanzieller Risiken durch gehaltene Rückversicherungsverträge oder erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertete nicht-derivative Finanzinstrumente erfolgt


- Wahlrecht zur Änderung von in früheren Zwischenabschlüssen vorgenommenen Schätzungen bei der Anwendung von IFRS 17


- Einbeziehung von Ertragsteuerzahlungen, die nach den Bedingungen eines Versicherungsvertrags spezifisch dem Versicherungsnehmer belastet werden, in die Bewertung des Versicherungsvertrags


- Ausgewählte Übergangserleichterungen und andere geringfügige Änderungen

Anwendungszeitpunkt

Die Änderungen treten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Juni 2023 beginnen, in Kraft. Eine frühere Anwendung ist – vorbehaltlich eines entsprechenden Endorsements – zulässig. 


 

Kontaktieren Sie uns

David Baur

David Baur

Director and Leader Corporate Reporting Services, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 26 54

Geraldine Jennings

Geraldine Jennings

Director, Accounting Consulting Services, PwC Switzerland

Tel.: + 41 58 792 25 31