ISO 27001 vs. ISAE/SOC

Warum wir ausnahmsweise Äpfel mit Birnen vergleichen

Ralf Hofstetter

Ralf Hofstetter
Director for Trust & Transparency Solutions
PwC Switzerland    

Cristian Manganiello

Cristian Manganiello 
Partner for Risk and Compliance Management Services
PwC Switzerland

«Wir haben ein ISO-27001-Zertifikat. Brauchen wir zusätzlich einen ISAE/SOC Prüfbericht?» Diese einfache Frage hören wir häufig. Die Antwort ist weit weniger einfach. Denn hier werden zwei “Nachweiskonzepte” einander gegenübergestellt, die sich kaum miteinander vergleichen lassen. In diesem Blogpost leuchten wir die beiden Welten aus, um deren Vor- und Nachteile zu erläutern. Und schliesslich formulieren wir die Frage neu.

ISO 27001

Bei der DIN ISO/IEC 27001 – kurz ISO 27001 – handelt es sich um eine internationale Norm für Informationssicherheit in privatwirtschaftlichen, öffentlichen oder gemeinnützigen Organisationen. Sie ist Teil der Normenfamilie ISO/IEC 2700x und wurde von der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO) veröffentlicht. Die prinzipienbasierte Norm beschreibt die Anforderungen für das Einrichten, Realisieren, Betreiben, Optimieren und Aktualisieren (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) eines dokumentierten Informationssicherheits-Managementsystems, welches anhand der Normenfamilien aus insgesamt sechs Normen ISO 27001 bis 27005 erarbeitet wird.

Ein ISO-Nachweis wird als einseitiges Zertifikat von akkreditierten ISO-Auditoren vergeben und versteht sich als Stichtagbetrachtung. Für viele Unternehmen galt ISO 27001 bis anhin als Gradmesser für die Maturität der eigenen Informationssicherheit. Doch die Risiken entwickeln sich laufend weiter und die Strafen für Fehler oder Unterlassungen werden höher. Es erstaunt daher nicht, dass das gefragte Mass an Sicherheit von Daten und Prozessen wächst und dazu eine weiter gefasste Betrachtung nötig wird. 

ISAE 3402 und SOC 1® 

Lagert ein Unternehmen Prozesse aus, die für die Buchführung und Rechnungslegung relevant sind, muss es sicherstellen, dass ein angemessenes internes Kontrollsystem und ein Risikomanagement eingerichtet und wirksam sind. Für das auslagernde Unternehmen und dessen Abschlussprüfer stellt sich die Frage, wie die internen Kontrollen bei den beauftragten Dienstleistungsunternehmen aussehen. Solche Prüfungen bei Dienstleistern sind zeitaufwendig und teuer. 

Die verantwortlichen Gremien in der Wirtschaftsprüfung haben das Problem erkannt. So hat das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) den Prüfungsstandard International Standard on Assurance Engagements 3402 (ISAE 3402) herausgegeben. Das US-amerikanische Pendant dazu nennt sich SOC-1-Report und basiert auf dem Auditing Standards Board des American Institute of Certified Public Accountants (AICPA). 

Zweck der beiden Prüfungen ist eine Evaluierung aller relevanten Informationssysteme eines Unternehmens in Bezug auf Vertraulichkeit, Integrität und/oder Verfügbarkeit. Die Auswahl der zu überprüfenden Prozesse liegt ebenfalls im Ermessen des beauftragenden Unternehmens, muss jedoch durch den unabhängigen Prüfer validiert werden. Trotzdem bieten der ISAE- und der SOC-Standard ein gewisses Mass an Flexibilität, wonach sich ein Unternehmen auf jene Bereiche konzentrieren kann, die für Kundschaft, Investierende oder Lieferfirmen sowie auch dessen Abschlussprüfer entscheidend sind. Insbesondere der Abschlussprüfer ist angehalten, den ISAE 3402 / SOC 1® Bericht nach ISA/SA-CH 402 bzw. ISA/SA-CH 315 (Revised) in seine Tätigkeit einzubeziehen.  

Das Beste aus zwei Welten 

Man soll bekanntlich Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Doch um Klarheit über die Vor- und Nachteile der beiden Nachweise zu schaffen, tun wir es an dieser Stelle trotzdem (vgl. Abbildung). 

Berichtsart Prüfbericht
(ISAE/SOC®)
Zertifikat
(ISO 27001)
Berichterstattung Prüfbericht inklusive Prüfurteil des unabhängigen Prüfers Zertifikat ohne Prüfurteil
Management Statement  Enthält eine Erklärung der Geschäftsleitung zum Kontrollumfeld Nicht Bestandteil des Zertifikates
Resultat Umfassender Bericht, der die Beschreibung des Kontrollumfelds, das Design sowie die Implementierung der Kontrollen (Typ 1 Bericht) respektive die operative Wirksamkeit der Kontrollen (Typ 2 Bericht) beinhaltet  Einseitige Bescheinigung zur Bestätigung, dass das Managementsystem eingerichtet ist
Abstützen auf die Prüfresultate / das Prüfurteil Kunden, deren Abschlussprüfer und andere Anspruchsgruppen können sich auf die Prüfresultate respektive das Prüfurteil abstützen

Zertifikat bietet keine Prüfungssicherheit 

 

Verteilung Nur ausgewählte Anspruchsgruppen (ausser ISAE 3000 und SOC3) Keine Einschränkung der Verteilung
Akzeptanzgrad Anerkannt und akzeptiert von Kunden, deren Abschlussprüfern und anderen ausgewählten Anspruchsgruppen Je nach Leserschaft
Dienstleister Transparenz über ausgelagerte Dienstleister und den allfälligen Review der ausgelagerten Kontrollen Nicht offengelegt
Einbeziehung der internen Prüfungs- oder Compliance-Funktion Möglich – das Abstützen auf andere Prüfer respektive Prüffunktionen wird im Bericht offengelegt. Nicht möglich. 
Geltungsbereich / Gültigkeit

Zeitpunkt – Typ I

Zeitraum – Typ II / meistens 1 Jahr

Zertifizierungsprüfung im Jahr 1 und Überwachungsprüfung in den Jahren 2 und 3, Zeitpunktbezogen 
Betrachtungszeitraum Rückblickend Vorausschauend

ISAE/SOC®-Bericht und ISO-27001-Zertifikats im Vergleich

Ein ISO-Zertifikat ist einfacher und schneller zu erhalten als ein ISAE- oder SOC-Prüfbericht. Während sich die ISO-Norm auf die Gestaltung der Kontrollen am Tag X beschränkt, ermöglichen ISAE bzw. SOC® die Prüfung der operativen Wirksamkeit von Kontrollen über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Damit ist der Geltungsbereich eines ISAE- oder SOC®-Prüfberichts wesentlich breiter gefasst als derjenige eines ISO-Zertifikats. In einem Prüfbericht wird neben den üblichen Kapiteln wie der eigenen Einschätzung der Gesellschaft, Kontrollziele und deren detaillierte Beschreibung eine unabhängige Meinung des Prüfers dargelegt. Eine solche fehlt komplett in einem ISO-Zertifikat. Demnach kann sich die externe Revision auf einen Prüfbericht abstützen, nicht aber auf ein Zertifikat. Das Zertifikat gibt dem Management lediglich Aufschluss darüber, welche Kontrollen der Informationssicherheit genügend ausgeprägt und welche allenfalls aus prospektiver Sicht zu optimieren oder neu aufzusetzen sind.

Operative Berichterstattung im Aufwind

Die Bekanntheit und Attraktivität von ISAE- und SOC®-Prüfungen steigt und wird gerade für Unternehmen mit internationaler Ausrichtung immer wichtiger – auch in der Schweiz. Sie erlauben der strategischen und operativen Unternehmensführung einen vertieften Einblick in die hauseigene Prozessmaturität, geben wertvolle Anhaltspunkte für ein hochwertiges Kontroll- und Risikomanagement und leisten damit auch einen Beitrag zur Resilienz einer Organisation. ISAE- und SOC® -Prüfberichte decken diverse Anforderungen unterschiedlicher Anspruchsgruppen ab. Damit vermeidet ein Unternehmen doppelten Aufwand für Prüfungsanfragen von unterschiedlicher Seite. Ausserdem eignen sich diese operativen Prüfberichte hervorragend, um von Verwaltungsrat, Kundschaft und Geschäftspartnerfirmen als verantwortungsbewusstes Unternehmen wahrgenommen zu werden, und sich hinsichtlich Vertrauenswürdigkeit und Resilienz von Mitbewerbenden zu differenzieren.

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Ralf Hofstetter

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Cristian  Manganiello

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