Ein digital basiertes Gesundheitsökosystem

Interview mit Fabian Ringwald, CIO und Mitglied der Geschäftsleitung von SWICA

David Roman
Director, Leiter Digital Health, PwC Schweiz

Fabian Ringwald, CIO und Mitglied der Geschäftsleitung von SWICA, spricht im Interview über Digitalisierungsoffensiven innerhalb und ausserhalb seiner Organisation. Zudem erörtert er die Rolle und Verantwortung von Krankenversicherern und anderen Gesundheitsakteuren.

PwC: Wie weit ist die Digitalisierung bei SWICA fortgeschritten und wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Fabian Ringwald: Intern treiben wir vor allem die Automatisierung und Förderung digital unterstützender Kernprozesse im Rahmen der Leistungsabrechnung voran. Hier sind wir bereits sehr weit fortgeschritten: Täglich werden bei uns über tausend Rechnungen digital automatisiert bearbeitet. Bei den Digitalisierungsoffensiven für unsere Kund:innen haben wir eine App-Landschaft mit den Säulen Kundenservice, Prävention und telemedizinische Versorgung entwickelt und umgesetzt.

Wie sieht diese App-Landschaft aus und welchen Nutzen stiftet sie für Ihre Kund:innen?

Mit dem Kundenservice festigen wir unsere digitalen Kundenbeziehungen. Über unsere App oder telefonisch stehen SWICA-Mitarbeitende 24h/7 für sämtliche Anliegen zur Verfügung. Im Bereich Prävention haben wir die App BENEVITA entwickelt. Sie bietet SWICA- und Nicht-Kund:innen ein digitales Gesundheitscoaching mit Tipps und Tricks rund um die Themen Ernährung, Bewegung und Entspannung. Im Bereich der telemedizinischen Versorgung sind wir mit dem Gerät TytoHome und der App BENECURA schweizweit digitaler Innovationsführer.

Mit TytoHome lassen sich im Krankheitsfall medizinische Untersuchungen – zum Beispiel Körpertemperaturmessungen oder Untersuchungen am Ohr, Hals, Rachen, Herzen oder sogar an der Haut – am eigenen Leib oder bei einem Familienmitglied jederzeit und überall selbst durchführen. BENECURA schickt die Daten zur Besprechung an die zuständige medizinische Fachperson von Santé24, der telemedizinische Anbieter von SWICA. Mit TytoHome und BENECURA schlagen wir in der Schweiz eine einzigartige digitale Brücke und verlagern Untersuchungen vom Hausarzt bei passenden Indikationen digital nach Hause. 

Was würden Sie vorantreiben, wenn Geld, Zeit und Ressourcen keine Rolle spielten? Wie sähe Ihre digitale Welt aus?

Wir hätten ein digitales Gesundheitsökosystem, in dem die Player mit ihren Gesundheitsservices jedem Individuum einen Mehrwehrt böten. Ich denke da vor allem an einen reibungslosen Austausch von Patientendaten über alle Gesundheitsakteure hinweg, wobei die Patient:innen Selbstbestimmungsrechte hätten. Wir von SWICA haben gemeinsam mit Joint-Venture-Partnern das digitale Gesundheitsökosystem «Compassana» mit einem offenen Portal als Kernstück entwickelt. «Compassana» ermöglicht Kund:innen eine einfache und eigenverantwortliche Koordination ihrer medizinischen Versorgung und optimiert deren Koordination. Das führt zu einer besseren Behandlungsqualität und effizienteren Prozessen.

Fabian Ringwald

Fabian Ringwald studierte Informatik in Karlsruhe und absolvierte einen MBA/EMBA an der University of Rochester/Universität Bern sowie einen Micro Master Supply Chain Management am MITx Massachusetts Institute of Technology. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung digitaler Services und Systeme wie CRM, Workflow Management und Energiehandelssysteme. Fabian Ringwald übernahm im Oktober 2020 als CIO die Leitung der IT von SWICA und wurde gleichzeitig Mitglied der Geschäftsleitung.

«Für mehr Behandlungsqualität und schlankere Prozesse brauchen wir ein digital basiertes Gesundheitsökosystem, das die medizinische Versorgung optimal koordiniert.»

Wie präsentiert sich die Umsetzung von Digitalisierungsoffensiven im Schweizer Gesundheitswesen?

Ich sehe die grössten Hürden nicht in den hohen Ansprüchen von Datenschutz und Datensicherheit und auch nicht in den regulatorischen Gegebenheiten. Vielmehr verkomplizieren die unterschiedlichen Partikularinteressen die digitale Transformationen im Gesundheitswesen. Die einzelnen Berufsgruppen nutzen es aus, dass sie Wissensinseln auf ihrem Spezialgebiet sind. Dem Schweizer Gesundheitswesen geht es zu gut.

Was könnte man dagegen tun? Inwiefern könnten die Krankenversicherer eine treibende Kraft für die digitale Transformation im Gesundheitswesen sein?

Die Frage ist, wie unser zukünftiges Gesundheitswesen aussehen soll. Wir von SWICA streben eine integrierte Versorgung an. Eine solche sollte unsere gemeinsame strategische Stossrichtung vorgeben, die wir mit telemedizinischen Lösungen untermauern müssen. «Compassana» zielt in ebendiese Richtung. Leider fehlt im Gesundheitswesen die passende Aufbruchstimmung. Wir brauchen eine starke Verpflichtung von Politik und Bevölkerung, das Schweizer Gesundheitswesen weiterzuentwickeln.

Wenn Sie sich etwas für unser Gesundheitswesen wünschen dürften, was wäre das?

Dass wir chancenorientierter agieren, angefangen von der Politik über die Leistungserbringer bis hin zu uns Krankenversicherern. Im Gesundheitswesen sehen die meisten zuerst das Problem und die Schwierigkeit, eine Lösung zu finden. Wir sollten stattdessen zuerst die Chancen ausformulieren und diese gemeinsam anpeilen.


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