Immobilienmarkt und COVID-19: Normalisierung zeichnet sich ab

Sebastian Zollinger Director, Head Real Estate Advisory, PwC Switzerland 02 Jun 2021

Die Frühlingsausgabe der «PwC Real Estate Investor Survey» von Mai 2021 leuchtet die Auswirkungen von COVID-19 auf den Schweizer Immobilienmarkt aus. Die Studie fängt die Stimmung und Einschätzungen von Schlüsselinvestoren ein und wagt einen Blick auf die Wechselwirkung von Büro- und Wohnliegenschaften in der postpandemischen Ära.

In der jüngsten und siebten Ausgabe der «PwC Real Estate Investor Survey» von Frühjahr 2021 legen die Immobilieninvestoren aus der Schweiz, Deutschland und Österreich dar, wie sie sich in der neuen Realität positionieren. Das absehbare Ende der Pandemie widerspiegelt sich in den Prognosen für den Immobilienmarkt im deutschsprachigen Raum.

Bereits in unserer letzten Studienausgabe haben wir eine hohe Widerstandsfähigkeit des Segments Wohnen festgestellt. Als Haupttreiber dafür gilt nach wie vor der Trend zu Home-Office, der durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt wurde. Die Studienteilnehmenden sind sich darin einig, dass Remote Work an Bedeutung gewinnt und auch in Zukunft vermehrt von zu Hause aus gearbeitet wird. Trotzdem erwarten sie keine grossflächige Umnutzung ungebrauchter Büroflächen in Wohnraum. 

Bei den Zinserwartungen zeichnet sich eine Trendwende ab. Vor sechs Monaten glaubten noch 90 Prozent der Investoren an stabile Zinsen für die kommenden fünf Jahre. Nun ist es nur noch die Hälfte, die andere geht von steigenden Zinsen aus.

Wohnen: Zahlungsbereitschaft konstant hoch

Die Renditen für Wohnimmobilien in Schweizer Städten tendieren auch in der Frühlingsausgabe unserer Studie nach unten. Dieser Trend hält seit der Erstausgabe im Herbst 2018 an. Der Wohnimmobilienmarkt präsentiert sich also nach wie vor robust und die Zahlungsbereitschaft der Investoren bleibt hoch.

Zürich steht nach wie vor an der Spitze mit historisch tiefen Durchschnittsrenditen. Diese fallen hier für Kernobjekte erstmals unter die 2.0-Prozent-Marke. Die Werte in Genf, Lausanne, Basel, Bern, Luzern und Winterthur liegen nur geringfügig höher. Einzige Trendbrecher sind die Städte St. Gallen und Lugano. In St. Gallen verharren die Renditen auf dem Niveau der letzten Jahre. In Lugano zogen sie sogar wieder an und widerspiegeln das gravierende Ausmass der Pandemie auf das Tessin.

Ausserhalb der Grossstädte sinken die Renditen nur noch an Toplagen. Für sekundäre Lagen zeigen sich die Investoren vermehrt zurückhaltend, was sich teilweise in leicht steigenden Renditen niederschlägt.

Büro: Toplagen gefragter denn je

Bei den Renditeerwartungen auf Büroimmobilien klafft eine Schere zwischen
Topimmobilien und solchen an sekundären und tertiären Lagen auf: Die Renditen für die hochklassigsten Immobilien bleiben relativ stabil. Gleichzeitig steigen jene im mittleren und unteren Qualitätssegment zum Teil deutlich an. Die Investoren setzen also zunehmend auf hochklassige Lagen und schätzen andere Objekte kritischer ein. Diese Beurteilung dürfte mit der generellen Unsicherheit über die Entwicklung des Büroflächenbedarfs in der postpandemischen Ära zusammenhängen.

Mit den tiefsten Nettorenditen rechnen die Studienteilnehmenden weiterhin in Zürich und Genf mit etwas über 2.0 Prozent. In diesen beiden Städten laufen die Erwartungen für Core- und übrige Objekte am wenigsten auseinander. Ganz anders in Lausanne, Winterthur, Zug, St. Gallen und Lugano. Hier zeigen sich teilweise deutliche Unterschiede.

In Bezug auf das Ausmass dieser Streuung sind sich die Investierenden offenbar uneinig. Zwar differenzieren alle zunehmend nach Qualität. Doch die quantitative Einschätzung fällt sehr unterschiedlich aus. Die Befragten scheinen noch keinen Konsens darüber gefunden zu haben, was die krisenbedingten Marktverschiebungen kosten.

High-street retail: Schere zwischen Toplagen und Rest geht auseinander

In der letzten Studienausgabe herrschte noch Uneinigkeit zur Bepreisung von Schweizer Einzelhandelsimmobilien an Toplagen der «High Street». Die aktuelle Frühlingsausgabe zeichnet ein schärferes Bild. Die Nettorenditen sogenannter Core-Objekte an Toplagen der Haupteinkaufsstrassen steigen mit einem Plus von 0 bis 10 Basispunkten nur leicht an. An durchschnittlichen und weniger frequentierten Lagen beträgt der Anstieg zwischen 10 und 50 Basispunkten.

Der grösste Renditesprung und damit die grösste Preisreduktion ist in Luzern und Lugano erfolgt. Als klassische Touristen-Hotspots leiden diese beiden Städte am stärksten unter den Auswirkungen der Pandemie.

Ausserhalb der neun grössten Schweizer Städte präsentiert sich ein ähnliches Bild: Die Renditen gehen an allen Lagen in die Höhe. Allerdings sind die Veränderungen an Toplagen am geringsten ausgeprägt. Für Tertiärstandorte am anderen Ende des Spektrums hingegen erwarten die Investoren zum Teil deutlich höhere Renditen. So tut sich auch bei Verkaufsimmobilien die Schere zwischen den besten und den übrigen Lagen an den Schweizer Shoppingmeilen weiter auf.

Bei den Spezialliegenschaften im Retail-Segment sind die Shoppingcenter die grössten Verlierer, was wenig überrascht. Die Investoren bewerten diese Kategorien mit 25 bis 60 Basispunkten höheren Nettorenditen als noch vor sechs Monaten. Supermärkte und Baumärkte hingegen zeigen sich robuster. Hier haben die Studienteilnehmenden ihre äusserst pessimistischen Einschätzungen aus der letzten Studienausgabe teilweise korrigiert. Schliesslich haben die COVID-19-Massnahmen diese beiden Kategorien am wenigsten getroffen.

Vom Büro nach Hause: Treibt COVID-19 Nutzungsänderungen voran?

Der Trend zu Home-Office hält an. Arbeitgebende erwarten langfristig eine Zunahme der Home-Office-Tage von durchschnittlich 2.0 auf 3.3 Tage pro Woche (Vgl. PwC-Studie «Corporate Real Estate & Work from Home», Oktober 2020). Darüber hinaus rechnen die meisten Unternehmen mit einem Rückgang der Büroflächen innerhalb der nächsten drei Jahre. Trotzdem ist der Leerstand von Büroflächen weiterhin gering. Denn der Diskurs über neue Arbeitsmodelle gestaltet sich ausgewogener und kann mittlerweile auf die Erfahrungen aus mehr als einem Jahr abseits des Bürotisches zurückgreifen.

Welche Bürolösungen die Unternehmen in naher Zukunft umsetzen werden, wird sich weisen. Die Einschätzungen in der aktuellen «PwC Real Estate Investor Survey» reichen von einer klaren Reduktion der Bürofläche bis hin zu mehr Fläche pro Mitarbeiter aufgrund von Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen.

Gefragt nach der Nutzungsentwicklung glaubt eine Mehrheit der Studienteilnehmenden, dass der Bedarf an Büroflächen kurzfristig sinken, sich mittelfristig stabilisieren und langfristig wieder steigen wird. Statt einer Umnutzung brachliegender Büroflächen in Wohnraum vermuten sie eine langfristig wachsende Nachfrage nach einem separaten Arbeitsbereich in Wohnungen. Die Befragten gehen zudem von einer Abwanderung aus der Stadt in die Vororte, einer Ausweitung der Digitalisierung und Aufwertung der IT-Ausstattung in Privathaushalten und von einer vermehrten Nutzung von Büros als Gemeinschaftsflächen aus.

Insgesamt erachten die Studienteilnehmenden eine Umwandlung von Büroflächen in Wohnraum als sinnvoll. Zudem weisen einige auf die Möglichkeit hin, Hotels und Service Apartments umzuwandeln. Diese Kategorien sind von der COVID-19-Krise stark betroffen. Allerdings werden die prognostizierten Veränderungen im Bürosegment den Wohnungsmarkt kurzfristig nicht oder nicht wesentlich verändern. Flexible Arbeitslösungen werden es jedoch immer mehr Menschen ermöglichen, ausserhalb der Stadt zu wohnen, was sich auf die langfristige Entwicklung des Wohnungsmarkts auswirken dürfte.

Die wichtigsten Trends
  • Die Nettorenditen des Wohnungsmarktes zeigen sich noch immer äusserst robust, die Zahlungsbereitschaft der Investoren bleibt hoch.
  • Bei den Büroflächen setzen die Investoren zunehmend auf Objekte an Toplagen. Andere Objekte schätzen sie kritischer ein.
  • Die Nettorenditen für Verkaufsflächen im Core-Segment steigen nur leicht an. Den grössten Anstieg und damit die grösste Preisreduktion erfahren die krisengebeutelten Tourismuszentren Luzern und Lugano.
  • Auch bei Verkaufsimmobilien öffnet sich eine Schere zwischen Topobjekten und dem Rest.
  • Die grössten Verlierer bei den Spezialliegenschaften im Retail-Segment sind die Shoppingcenter.
  • Die Investoren sind sich einig darüber, dass Remote Work an Bedeutung gewinnt. Trotzdem erwarten sie keine grossflächige Umwandlung ungenutzter Büros in Wohnungen.
  • Langfristig vermuten sie eine wachsende Nachfrage nach einem separaten Arbeitsbereich in Wohnungen.

 

 

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Sebastian Zollinger

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