Variable Capital Companies: Einführung eines neuen Investment-Vehikels in Singapur

Martin Burri Partner, Tax & Legal Services, PwC Switzerland 10 Dez 2019

Singapur wird in Kürze eine neue Rechtsform – ähnlich wie SICAV, ICAV und OEIC in anderen Fondsjurisdiktionen – einführen, welche nur für das Investment Fund Business verwendet wird. Die Variable Capital Company ist für die Asset- und Wealth-Management-Branche sowohl im Stadtstaat als auch im asiatisch-pazifischen Raum ein potenzieller «Game Changer». Das neue Vehikel soll das Umfeld und die Rahmenbedingungen, welche Singapur dem Asset- und Wealth-Management-Sektor bietet, deutlich verbessern.
1. Asset- und Wealth-Management in Singapur

Singapur ist eines der führenden Asset- und Wealth-Management-Zentren in Asien. Die von in Singapur ansässigen Asset-Managern verwalteten Vermögen stiegen in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um 14% und erreichten bis Ende 2018 ein Volumen von USD 2,5 Billionen. Rund 67% der von in Singapur ansässigen Asset-Managern verwalteten Vermögen sind im asiatisch-pazifischen Raum investiert. Nur 25% der in Singapur verwalteten Vermögenswerte stammen von Investoren aus Singapur. Die übrigen Investitionen stammen von Investoren aus der ganzen Welt. [1]

Die derzeit in Singapur verfügbaren Investmentvehikel haben die Rechtsform von Kapitalgesellschaften, Limited Partnerships und Unit Trusts. Ein erheblicher Teil der Fonds, die von Asset-Managern in Singapur verwaltet werden, hat jedoch seinen Sitz im Ausland, beispielsweise in Luxemburg, Irland oder auf den Cayman Islands. Diese Standorte bieten Strukturen, die flexibler sind als die Vehikel, die bisher in Singapur verfügbar waren.

2. Merkmale der VCC

Um die Ansiedlung von Fonds zu fördern, wird Singapur in Kürze die Variable Capital Company (nachfolgend «VCC») einführen, eine neue Rechtsform speziell für Investmentfonds. Die VCC ist eine neuartige, auf Investmentfonds zugeschnittene Kapitalgesellschaft, die mit den Rechtsformen in anderen internationalen Fondsdomizilen vergleichbar ist. Die VCC verfügt über die folgenden Merkmale:

  • VCCs können offen (open-ended) oder geschlossen (closed-ended) sein und eignen sich daher für traditionelle und alternative Fondsstrategien.
  • VCCs sind in der Lage, ihr Kapital ohne Genehmigung der Investoren zu variieren. Sie haben daher eine grosse Flexibilität, Desinvestitionen und Ausschüttungen aus dem Kapital vorzunehmen. VCC-Anteile müssen grundsätzlich zum Nettoinventarwert ausgegeben und zurückgenommen werden.
  • VCCs können als Stand-Alone- oder als Umbrella-Fonds mit mehreren Teilfonds aufgesetzt werden. Im letzteren Fall können sich die Teilfonds ein gemeinsames Board of Directors teilen und dieselben Dienstleister in Anspruch nehmen, wie beispielsweise Fondsmanager, Depotbank, Revisor und Fondsadministrator. Die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten jedes Teilfonds sind gesetzlich getrennt, so dass das Vermögen eines Teilfonds nicht zur Erfüllung der Verbindlichkeiten des Umbrella-Fonds oder eines anderen Teilfonds verwendet werden kann.

Eine VCC muss einen Fondsmanager ernennen, der von der Monetary Authority of Singapore (MAS) reguliert wird oder der ausdrücklich von einer solchen Lizenz ausgenommen ist.

3. Besteuerung der VCC

3.1 Gewinnsteuer

Die VCC wird steuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Folglich unterliegt die VCC in Singapur grundsätzlich der Gewinnsteuer. Die Steuerbefreiung nach den Artikeln 13R (Singapore Resident Fund Scheme) und 13X (Enhanced Tier Fund Scheme) des Income Tax Act of Singapore wird jedoch auf VCCs ausgedehnt. Im Rahmen dieser Steueranreizsysteme sind die meisten Erträge aus so genannten «designated investments» von der Gewinnsteuer befreit. In der Praxis ist in der Regel der grösste Teil der Einkünfte von Fonds, die eines der Steueranreizsysteme in Anspruch nehmen, steuerfrei.

Im Rahmen des 13X-Anreizsystems muss der Fonds unter anderem die folgenden wirtschaftlichen Bedingungen erfüllen:

  • Der antragstellende Fonds muss zum Zeitpunkt des Antrags ein Mindestvolumen von SGD 50 Mio. (rund USD 37,5 Mio.) aufweisen.
  • Der Fonds muss über jährliche lokale Geschäftsausgaben von mindestens SGD 200'000 (rund USD 150’000) verfügen.

Im Gegensatz zu den 13X-Bedingungen ist das oben genannte erste Kriterium für das 13R-Steueranreizsystem nicht relevant. Jedoch gibt es beim 13R-Anreizsystem bestimmte Einschränkungen für in Singapur ansässige, nicht natürliche Personen, die in den Fonds investieren. Es muss von Fall zu Fall geprüft werden, welches Steueranreizsystem für einen bestimmten Fonds besser geeignet ist.

3.2 Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen

Eine VCC erhält ein Singapore Certificate of Residence, sofern diese von Singapur aus kontrolliert und verwaltet wird. Im Falle einer Umbrella-VCC wird die Ansässigkeitsbescheinigung auf die VCC ausgestellt, wobei die Teilfonds, die die gleiche Art von Einkommen aus demselben Vertragsland erzielen, in der Ansässigkeitsbescheinigung enthalten sind.

Auf dieser Grundlage sollte die VCC berechtigt sein, Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden. Singapur hat Doppelbesteuerungsabkommen mit 86 Ländern.

4. Zeitplan

Im Oktober 2018 verabschiedete das Parlament das Gesetz über VCCs und wird in Kürze das Gesetz zusammen mit den steuerlichen Rahmenbedingungen in Kraft setzen. Die MAS lud Erstbewerber ein, am Pilotprogramm zur Einführung der VCC teilzunehmen. Innerhalb von fünf Tagen nach Beginn des Bewerbungsfensters war das Pilotprogramm zweimal überzeichnet. Das Pilotprogramm wird es den erfolgreichen Bewerbern ermöglichen, die VCC bereits ab dem ersten Tag des Inkrafttretens der Gesetzgebung zu betreiben. Das Inkrafttreten der Gesetzgebung wird für das erste Quartal 2020 erwartet.

5. Relevanz für europäische Asset- und Wealth-Manager

Die neue VCC wird auch den in Europa ansässigen Asset- und Wealth-Managern neue Möglichkeiten eröffnen, ihre Investments zu strukturieren:

  • Aus Sicht der in Europa ansässigen Asset-Manager wird die VCC insbesondere als Anlagevehikel für Investitionen im asiatisch-pazifischen Raum oder zur Kapitalaufnahme bei Investoren aus dieser Region von Interesse sein. Eine VCC kann als neu gegründetes Anlagevehikel verwendet werden, oder bestehende Singapur-Fonds können umstrukturiert oder Offshore-Fonds können als VCCs in Singapur neu angesiedelt werden.
  • Insbesondere durch die Möglichkeit, eine Umbrella-Struktur mit mehreren Teilfonds zu gründen, kann die VCC auch für private Vermögensstrukturen und Family Offices interessant sein.
  • Um die 13R/13X-Steueranreizsysteme auf der Ebene der VCC anwenden zu können und somit den grössten Teil der Einkünfte gewinnsteuerfrei zu vereinnahmen, ist es erforderlich, dass das Fondsmanagement / die Vermögensverwaltung in Singapur angesiedelt ist.

[1] Monetary Authority of Singapore, 2018 Singapore Asset Management Survey

 

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