Im Fokus: Wertschöpfung des Unternehmens

Gemeinsam unterwegs – zum Vorteil des Finanzchefs


René Rausenberger
Partner, Leiter Audit, PwC Schweiz

Die Finanzfunktion verändert sich rasant und fundamental. Treiber von Richtung und Tempo ist in erster Linie die Digitalisierung. Aber nicht nur. Je nach Industriezweig steht der Finanzchef vor anspruchsvollen Aufgaben: Im Bereich Industrie/Handel sind es Kostendruck und Verbesserung der unternehmerischen Leistung, bei den Banken/Versicherungen zusätzlich die Regulierung und IT-Heterogenität. Auf dieser Reise geht der Auditor 4.0 im besten Fall Hand in Hand mit dem CFO. Mit vereinten Kräften tragen beide wesentlich zur Wertschöpfung des Unternehmens bei.

Die Finanzfunktion bildet das Nervenzentrum eines Unternehmens. Hier laufen die Daten der meisten Unternehmensfunktionen zusammen und werden quantitativ beurteilt. Zudem treibt sie idealerweise die strategischen Stossrichtungen voran und wirkt als internes Kontrollorgan mit direktem Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Die Wirtschaftsprüfung verifiziert deren Daten und Informationen in Form von Jahres- und Konzernrechnungen.


Hand in Hand

Der Finanzchef oder CFO von heute ist in mehrfacher Hinsicht gefordert. Datenqualität und -sicherheit sowie faktenbasierte Entscheide gewinnen an Bedeutung. Die Geschäftsleitung erwartet eine kostengünstigere und schnellere Verarbeitung der Transaktionen. Neben Effizienz und Qualität muss der CFO als «interner» Berater einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen und in seinem Finanzteam entsprechende Datenanalysefähigkeiten aufbauen. So veredelt er die zunehmend verfügbaren Daten zu Informationen, die Entscheide vorbereiten und den Unternehmenswert steigern. Mit einem derart wertorientierten Ansatz unterstützt der Finanzchef den CEO dabei, die Leistung des Unternehmens zu verbessern. Die Finanzchefs von Banken und Versicherungen müssen sich zudem mit neuen Regulierungen und erhöhten Transparenzbestimmungen auseinandersetzen sowie die Harmonisierung ihrer teilweise heterogenen Systemlandschaften angehen.

Angesichts dieser Vielzahl an neuen Aufgaben kommt unweigerlich die Frage auf: Wo steht die Finanzfunktion in fünf Jahren, und wie sieht sie dann idealerweise aus? Der rasche technologische Wandel verändert die Arbeitsweise von CFO und Wirtschaftsprüfer gleichermassen. Die Entwicklungen weisen viele Parallelen und Abhängigkeiten auf.

Der Auditor 4.0 verfügt über industriespezifische digitale «Toolboxen». Aus diesen wählt er für seinen Kunden die passenden Algorithmen. Technologiegetriebene Audittools haben zwei Hauptziele:

  • Gewinnen von «Insights» zugunsten des Kunden 
  • Erhöhen der Prüfsicherheit und Effizienz

Die verfügbaren Daten, ERP-Systeme, Applikationen und Prozesse im Unternehmen entscheiden, inwieweit der Wirtschaftsprüfer neue Technologien nutzen kann.

Mit seinen «Insights» unterstützt der Wirtschaftsprüfer in enger Zusammenarbeit mit dem Finanzchef das Unternehmen dabei, die Transformation der Finanzfunktion zu beschleunigen und zu lenken. Damit trägt er zur Steigerung des Unternehmenswertes bei. Im Idealfall gehen CFO und Prüfer also Schulter an Schulter durch die digitale Transformation. Der Einsatz von digitalen Audittools steht in Abhängigkeit zur Kundensystemlandschaft und dessen Maturität von einer effizienten und sicheren Datenextraktion sowie zu den gültigen Prüfungsstandards (vgl. Disclose-Ausgabe 1/2018, «Audit 4.0, Part 2, High Performing Auditors»).

Sektoren mit unterschiedlichen Bedürfnissen

Diese Entwicklung wird die Funktion beider Parteien in den kommenden Jahren fundamental beeinflussen. Allerdings ist sie nicht nur getrieben von der Digitalisierung. Andere wirtschaftliche und regulatorische Megatrends spielen ebenfalls eine Rolle, teilweise als Folge des digitalen Wandels. Für eine differenzierte Betrachtung der Reiserouten und -geschwindigkeiten von CFO und Prüfer beleuchten wir die Wirtschaftssektoren «Industrie/Handel» und «Banken/Versicherungen». Nachfolgend im Überblick die wichtigsten Herausforderungen in diesen Märkten – und unsere Antworten als Wirtschaftsprüfer:

Industrie/Handel – Kostendruck und IT-Homogenität

In Handels- und Industrieunternehmen stehen Automation, Effizienz, Kosten und das Gewinnen von «Insights» durch datenanalytische Fähigkeiten ganz oben auf der Agenda der Finanzfunktion. Der Druck auf Margen und Kosten ist allgegenwärtig. Die IT-Landschaft in mittelgrossen und grossen Betrieben ist in den meisten Fällen einheitlich – SAP sei Dank. Diese Homogenität erlaubt eine standardisierte und im höchsten Mass automatisierte Datensammlung und -auswertung.

Die Finanzfunktion kann ihre Kosten senken, wenn sie manuelle Prozesse und Kontrollen standardisiert, automatisiert und zentralisiert. Eine solche Transaktionsverarbeitung hilft, die Datenqualität zu erhöhen und mit einem integrierten internen Kontrollsystem die Risiken schnell anzugehen und effizient zu kontrollieren.

Sofern das geprüfte Unternehmen die notwendigen Daten digital verfügbar macht und der Prüfer die richtigen Audittools einsetzt, wird dieser zum Vor- und Wegbereiter der schnelleren Transformation und erhöht die Qualität und Maturität der Finanzfunktion. Abbildung 1 zeigt zusammenfassend die Vorteile eines technologiebasierten Audits für Handels- und Industrieunternehmen. Nachfolgend führen wir zwei der Vorteilskategorien mit Beispielen aus.

Vorteile von technologiebasierten Audits für Handels- und Industrieunternehmen
Umsatz sichern 

Das mag auf den ersten Blick nicht als prüfungsadäquate Aufgabe erscheinen. Allerdings können wir mit passenden Prüfungsalgorithmen betragsmässige Preisabweichungen (Preisliste versus bezahlter Preis) sowie ausserhalb des Standards liegende Boni, Rabatte und Skonti ausmachen. Gleichzeitig visualisieren wir die entsprechenden Prozesse und Kontrollen. Diese vergleichen wir mit der «Best Practice», dem «Blue Print» oder den internen Vorschriften. Daraus gehen wertvolle Erkenntnisse hervor, die dem Unternehmen bei der Umsatzoptimierung helfen.

Kosten sparen

Mit digitalen Datenanalysen können wir den Einkaufsprozess – «purchase-to-pay process» – visualisieren. Die automatischen Istkontrollen stellen wir den «Best Practice»-Kontrollen gegenüber oder vergleichen die Kontrolllandschaften der Tochtergesellschaften untereinander. Dieser Ansatz führt erfahrungsgemäss oft zu Überraschungen. Er trägt dazu bei, dass das Unternehmen die Prozesse verbessern und die Kontrollen bestmöglich automatisieren und standardisieren kann. Hier eröffnet sich ein interessantes Potenzial für Kosteneinsparungen – und der Weg zur Zentralisierung.

Banken/Versicherungen – Regulierung und IT-Heterogenität

Die globale Finanzkrise hat die Banken- und Versicherungsindustrie gezwungen, sich auf die Regulierungsflut zu konzentrieren. Diese Entwicklung hat den CFO von Banken und Versicherungen dazu gedrängt, sich viel stärker mit Compliance-Themen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig kommen auch in diesem Segment die Margen zunehmend unter Druck. Und schliesslich sind die Anforderungen an den Finanzchef auch hier drastisch gestiegen. Gerade international tätige Versicherungen sind zudem von den IFRS-17-Vorschriften betroffen. Diese stossen grundsätzliche Veränderungen in der Methodik, nach der Verträge und Policen bewertet werden, an.

Im Gegenzug zu den SAP-Einführungen in Handel und Industrie, bei denen SAP dominiert, finden sich vor allem bei Banken und Versicherungen in der Schweiz oftmals alte Stammdatensysteme, die vor langer Zeit in Eigenregie aufgebaut und über die Jahre weiterentwickelt wurden. Das führt zu heterogenen Datenhaltungssystemen mit enormen Tücken hinsichtlich Qualität, Einheitlichkeit, Schnittstellen und Verfügbarkeit. Diese Tatsache wiegt umso schwerer, als die Erwartungen und Vorgaben des Datenschutzes laufend steigen. Damit steht die Finanzfunktion vor der Herkulesaufgabe, die Stabilität, Konsistenz, Qualität und Sicherheit der vorhandenen Daten sicherzustellen. Und der Wirtschaftsprüfer muss seine digitalen Audi-ttools in einem heterogenen IT-Kontext ansetzen.

Die Vorteile eines technologiebasierten Audits für Banken/Versicherungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Risiken abbauen: Bei der Bankenprüfung verifizieren wir bei wesentlichen Erfolgsrechnungspositionen von Banken (Kommissions- und Zinsertrag) sämtliche Inputfaktoren und nehmen die Nachrechnung der Erträge mithilfe von technologiegestützten Prüfungstools automatisch vor. Bisher liessen sich diese Positionen anhand einer unstrukturierten Auswahl manuell und mit einer zufälligen Stichprobe nachvollziehen. Neu steht eine hundertprozentige, strukturierte Analyse von Transaktionen zur Verfügung. Diese ermöglicht nicht nur die Prüfung der Gesamtpopulation, sondern auch die Identifikation und den Einbezug sämtlicher Ausreisser für Detailprüfungen (beispielsweise zu hohe oder zu tiefe Zins- und Kommissionszahlungen). Mit der Hilfe von Visualisierungstools ermitteln wir zudem bisher nicht erkannte Zusammenhänge.

Diese Erkenntnisse schaffen eine fundierte und zuverlässigere Grundlage zur Stärkung der bankeninternen Risikoanalyse sowie zur Optimierung von Prozessen und Kontrollen.

  • Regulatorische Vorschriften einhalten: Die regulatorische Compliance gilt in der Finanzindustrie als eine Schlüsselherausforderung der Zukunft. Die Verantwortung des C-Levels eines Finanzinstituts im Bereich des regulatorischen Umfelds ist geradezu explodiert. Die Betroffenen müssen diesem steigenden Risiko angemessen begegnen. Dazu braucht es ein ausgefeilteres Controlling und Monitoring kritischer Transaktionen und eine Harmonisierung der Werkzeuglandschaft. Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sind wir bestrebt, unseren Kunden auch für die Einhaltung von regulatorischen Vorschriften innovative, datenanalysebasierte Prüfungswerkzeuge und damit über den Tellerrand der Prüfung hinausreichende Einblicke und wertvolle Erkenntnisse anzubieten.

Zu guter Letzt

Die Digitalisierung taktet die Weiterentwicklung von Finanzfunktion und Wirtschaftsprüfung enger denn je. Kostendruck, Effizienz, Sicherheit, unternehmerischer Beitrag, Regulierung und IT-Struktur wirken je nach Sektor ebenfalls auf Tempo und Richtung ein. Finanzfunktion und Wirtschaftsprüfung stehen vor herausfordernden Aufgaben. Idealerweise gehen CFO und Auditor 4.0 auf dieser Reise Schulter an Schulter. Denn so können sie ihren Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens nicht nur addieren, sondern multiplizieren.

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Rene  Rausenberger

Rene Rausenberger

Partner and Head External Audit, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 2266

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