Family Office (Teil 2): Was es tun und lassen sollte

Jürg Niederbacher Partner, Leader Private Clients & Family Offices, PwC Switzerland 03 Jan 2024

Hat eine Inhaberfamilie ihr Unternehmen verkauft oder will sie ihr Familienvermögen professionell verwalten, kann sie ein eigenes Family Office gründen oder sich einem Multi Family Office anschliessen. Manche Family Officer sollen das Aktienportfolio aktiv managen, andere das Controlling und Reporting des Vermögens gewährleisten.

Vermögen betreuen

Ein produzierendes Familienunternehmen kauft ein, stellt Produkte her und verkauft diese. Ein Family Office stellt nichts her, sondern legt das Vermögen einer oder mehrerer Familien hoffentlich gewinnbringend an und kontrolliert dessen Entwicklung. Es braucht deutlich weniger Mitarbeitende, um grosse Vermögenswerte zu managen. Und ist der Family Officer im Sinne der Familie incentiviert, betreut er im Interesse der Inhaber deren Vermögen. Dieses Fehlen von Zielkonflikten ist zentraler Bestandteil eines guten Family Office, das seine Aufgaben gewissenhaft erfüllt.

Welche Aufgaben soll das Family Office übernehmen?

Die Inhaberfamilie muss gemeinsam festlegen, wofür das Family Office verantwortlich ist – und wofür nicht. Das hängt sowohl von den Erwartungen der einzelnen Vermögensträger ab als auch davon, wie diese ihr Vermögen betreut haben möchten. Wollen die einzelnen Familienmitglieder zum Beispiel individuell entscheiden, in welche Titel ihr Vermögen angelegt wird, dann wird das Vermögensmanagement stärker auf die persönlichen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Das kann dann dazu führen, dass die Vermögensberichte individuell gestaltet sind.

Neben den Vermögensthemen wünscht dann das eine Familienmitglied, dass die Mitarbeitenden des Family Office alle seine privaten Angelegenheiten wie zum Beispiel Reiseplanung, Krankenkassenabrechnung und privaten Zahlungsverkehr erledigen. Die andere Vermögensträgerin möchte das lieber selbst machen, braucht aber Unterstützung bei allen Steuerthemen. In einem solchen Fall müssen dann auch die Kosten individuell auf die Vermögensträger verteilt werden.

Am besten schafft die Familie ein gemeinsames Verständnis über die Aufgaben ihres Family Office: Welche Aufgaben werden für alle gemeinsam erbracht und welche Aufgaben für einzelne Familienmitglieder? Muss das Family Office umfassend auf individuelle Erwartungen eingehen, und führt das dazu, dass die einzelnen Vermögensträger für die Erfüllung gewisser Aufgaben selbst bezahlen müssen und diese nicht über die allgemeine Umlage abgerechnet werden?

Die Familie kann grundsätzlich folgende Aufgaben dem Family Office übertragen:

- Vermögensmanagement
- Vermögensbuchhaltung, Controlling und Berichterstattung
- Massnahmen in den Bereichen Recht, Steuern und Vermögensnachfolge
- Unterstützung bei Family-Governance-Massnahmen: Organisation von Familientagen, Fortbildungsseminaren, Family Venture Funds u. a.
- Management des gemeinnützigen Engagements
- Übernahme von Privatangelegenheiten und Concierge-Services

Die Entscheidung, welche Aufgaben neben der Vermögensbetreuung noch vom Family Office selbst erbracht werden, sollte bevorzugt unter Wirtschaftlichkeitsaspekten getroffen werden. Sehr häufig werden Rechts- und Steuerberatungsleistungen von externen Experten eingekauft, da diese Testamente, Steuererklärungen und Verträge schneller, billiger und in besserer Qualität liefern können. Die Empfehlung lautet also, dass sich das Family Office auf jene Aufgaben konzentrieren soll, für welche es die personelle oder technische Kompetenz verfügt. Alle anderen Themen sollten die Mitarbeitenden des Family Office im Sinne der Inhaberfamilie koordinieren.

Was soll der Family Officer tun?

Es liegt in der Verantwortung des Family Officer, das Family Office entsprechend der definierten Aufgaben zu organisieren. Seine Position ist vergleichbar mit dem Geschäftsführer eines Unternehmens, das sich um sämtliche Finanzbelange und die damit verbundenen Themen kümmert. Aus Gesamtunternehmenssicht bedeutet dies, das Family Office zu führen, die Themen Risiko und Compliance präsent zu halten und die Qualität des Reportings und Controllings zu überprüfen.

Zu den grundsätzlichen Aufgaben des Family Officer im Sinne der Führung eines Unternehmens hinzu kommt – je nach Spezialexpertise – das Betreuen gewisser Vermögenswerte. Das kann sich so gestalten, dass sich der Family Officer als Verantwortlicher um das Immobilienmanagement kümmert oder die unternehmerischen Direktbeteiligungen über einen Sitz im Verwaltungsrat direkt kontrolliert. Dabei darf er nicht vergessen, immer das Gesamtportfolio im Sinne der Diversifikation zu überblicken und mit der Familie als Ganzes bzw. den Vermögensträgern einzeln die Anlagestrategie und Asset-Allokation festzulegen.

Wichtig ist, dass die Familie dem Family Officer für seine Aufgabenerfüllung Ziele vorgibt. In Bezug auf das Vermögensmanagement muss der Family Officer seine Aufgaben im Kontext der festgelegten Investmentstrategie und Anlageziele erfüllen. Dabei darf er die einzelnen Vermögensträger und deren Anliegen niemals aus den Augen verlieren. Der Family Officer muss für die Familie der erste Ansprechpartner sein und stets vollumfänglich im Dienst der Ziele und Interessen der Familie und der Familienmitglieder handeln.

Über welchen Handlungsspielraum verfügt der Family Officer?

Sind die Verantwortlichkeiten im Family Office gut verteilt, weiss jeder Mitarbeitende genau, was er entscheiden kann und wann er einzelne Vermögensträger oder die Gesamtfamilie fragen muss. Die Aufgaben in Bezug auf Berichterstattung, Recht, Steuern und Management des gemeinnützigen Engagements lassen sich genau definieren. Die Verwaltung des Vermögens wirft die Frage auf, welche Investmententscheidungen der Family Officer und sein Team treffen können und welche die Vermögensinhaber selbst treffen wollen. Ein Beispiel: Kann der Family Officer im Immobilienportfolio neue Investments in Frankreich selber eingehen, wenn alle Bestandsimmobilien in Zürich sind, oder muss er in diesem Fall die Zustimmung der Inhaberfamilie einholen? Reicht es, dass er nur informiert und die neue Frankreich-Investition ins Controlling und Reporting aufnimmt?

Damit der Entscheidungsspielraum des Family Officer nicht zu eng gefasst ist, er aber auch nicht einfach nach eigenem Ermessen Investmententscheidungen treffen kann, sollte er über einen gewissen Rahmen in Form von Ziel-Kennzahlen verfügen. Diese werden von der Familie für die gesamte Anlagestrategie und die Strategie pro Assetklasse festgelegt. In Bezug auf das als Familie gemeinsam gehaltene Familienvermögen sollten alle Mitglieder die Position zwischen den folgenden Polen einstimmig festlegen. Was das individuelle Privatvermögen betrifft, das gegebenfalls auch über das Family Office gemanagt wird, so sollte jeder Vermögensträger selbst entscheiden, welche konkreten Ziele er vorgibt. Das können die gleichen sein wie für das Familienvermögen oder auch nicht:

- Streben wir ein sicheres Portfolio an oder setzen wir auf Risiko?
- Wollen wir moderates Wachstum, um Kosten und Inflation zu decken, oder streben wir ein starkes Wachstum an?
- Brauchen wir eine höhere Ausschüttung oder genügt uns eine sehr kleine Ausschüttung?
- Wollen wir langfristig investiert sein oder brauchen wir hohe Flexibilität
- Wollen wir die Beteiligungen und Investments selbst aktiv kontrollieren oder steuern wir passiv über Zahlen?

Diese Fragen darf der Family Officer nicht selbst beantworten. Bei einem Single Family Office sollte der Family Officer das gegebenfalls einfordern, wenn die Familie es nicht sowieso vorgibt. Schliesst sich eine Familie einem Multi Family Office an, muss dessen Betreuer diese Themen abfragen. Besteht die Familie aus mehreren Vermögensträgern, bietet sich ein moderierter Prozess mit Hilfe eines Family-Office-Experten an. Empfehlenswert ist auch, die Aufgaben und Handlungsspielräume des Family Office und seiner Mitarbeitenden von Zeit zu Zeit einer unabhängigen Analyse zu unterziehen, damit immer gewährleistet ist, dass es keine Zielkonflikte zwischen Familie und Family Office gibt.

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