Am 31. Mai 2018 beschloss der gemeinsame EWR-Ausschuss die vorbehaltslose Implementation der Solvency II Level 2 und der EMIR Level 2 delegierten Rechtsakte. Folglich wurden per 01. Juni 2018 die EMIR und Solvency II Level 2 Rechtsakte in Liechtenstein, Norwegen und Island anwendbar.
Markthandlungsbedarf
Die veröffentlichten Entscheidungen des gemeinsamen EWR-Ausschusses ermöglichen Entitäten mit Sitz in den EWR-Ländern sich auf ihre entsprechenden Verpflichtungen vorzubereiten. Im Falle der EMIR sind dies insbesondere die Clearing- und Meldepflichten, für welche nun die Implementierungsfristen und Kalkulationsgrundlagen veröffentlicht werden. Bezüglich der Risikominimierung, insbesondere im Hinblick auf den Austausch von Sicherheiten für nicht zentral geclearte Over-the-Counter (OTC) Derivatkontrakte, sind die Level 2 Rechtsakte noch nicht übernommen worden.
I. EMIR
EMIR reguliert den Handel mit OTC Derivaten und die durch sie entstehenden Gefahren für die Marktstabilität der Finanzmärkte, welche mittels Meldepflicht, Clearingpflicht und Risikominimierung reduziert werden soll. Die Level 2 Rechtsakte spezifizieren wie EMIR-regulierte Entitäten vorgehen müssen um dies zu erreichen.
1. Meldepflicht
Für Unternehmen mit Sitz im EWR beginnt die Meldepflicht sechs Monate nachdem die Entscheidung des Ausschusses vom 31. Mai 2018 in Kraft tritt, also am 01. Dezember 2018 oder alternativ 90 Tage nach der Autorisierung eines Transaktionsregisters gemäss Art. 55 EMIR, die Meldung für eine bestimmte Klasse von Derivaten entgegenzunehmen. Dasselbe gilt für solche Derivatkontrakte für die es kein designiertes Transaktionsregister gibt – die Meldepflicht an die ESMA beginnt sechs Monate nach dem die Entscheidung vom 31. Mai 2018 in Kraft tritt.
2. Clearing
Das Clearing wird für finanzielle und nicht-finanzielle Gegenparteien oberhalb der Clearingschwelle stufenweise eingeführt, abhängig von ihrer Kategorisierung. Die Kategorisierung wird mittels der ausstehenden Brutto-Durchschnittsnominalwerte für alle Gruppenunternehmungen bezüglich der nicht zentral geclearten Derivaten in den Monaten Januar, Februar und März 2018 bestimmt. Abhängig von der Art der gehandelten Derivate, tritt die Clearingpflichten zu unterschiedlichen Zeiten in Kraft, wie untenstehend dargestellt. In Liechtenstein werden sich die meisten Finanzinstitutionen in Kategorie 2 oder 3 wiederfinden.
Kategorien |
G4 Währungen1 | European untranched Index CDS | NOK, PLN, SEK2 |
---|---|---|---|
1 | 1. Dezember 2018 | 1. Juni 2019 | 1. Dezember 2018 |
2 | 1. Juni 2019 | 1. Dezember 2019 | 1. Juni 2019 |
3 | 21. Juni 2019 | 21. Juni 2019 | 21. Juni 2019 |
4 | 1. Juni 2020 | 1. September 2021 | 1. Juni 2020 |
1 Basis swaps, fixed-to-float IRS, forward rate agreements, overnight index swaps in EUR, GBP, JPY, USD.
2 Fixed-to-float IRS, forward rate agreement classes for NOK, PLN, SEK.
Des Weiteren, werden für gruppeninterne Transaktionen, bei welchen eine Gegenpartei in einem Drittstaat etabliert ist, die Clearingpflichten stufenweise in Kraft treten, abhängig von der Art des gehandelten Derivates und davon, ob ein Äquivalenzentscheid mit dem Drittstaat existiert. Sofern keine Gleichwertigkeitsregelung besteht wird diese Obligation frühestens in zwei Jahren in Kraft treten. Ist eine Gleichwertigkeitsregelung gegeben, beginnt die Clearingpflicht frühestens 60 Tage nachdem der korrespondierende Äquivalenzentscheid in Kraft tritt oder gemäss den oben dargelegten Fristen.
3. Nicht übernommene delegierte Rechtsakte
Für die EMIR Level 2 Rechtsakte, welche sich mit Themen wie der Risikominderung, Liquiditätsphasen, indirekten Clearingabkommen und CCP-spezifischen Thematiken befassen, hat der gemeinsame EWR-Ausschuss noch keine Übernahmeentscheidung getroffen.
II. Solvency II
Solvency II führt ein harmonisiertes, stimmiges und robustes Aufsichtsframework für Versicherungsfirmen in der EU ein, wodurch auf Basis des Risikoprofils jeder individuellen Versicherungsgesellschaft Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit erreicht wird. Der nun angenommene Level 2 delegierte Rechtsakt basiert auf den 76 Ermächtigungen in der Solvency II Verordnung und behandelt insbesondere die folgenden Themen:
- Marktkonsistente Bewertung von Assets und Verbindlichkeiten;
- Eignung der Eigenmittelbestände der Versicherer;
- Vorgehensweise und Kalibrierung der Mindestkapitalanforderung (MCR) und Solvenzkapitalanforderungen (SCR);
- Melde- und Offenlegungspflicht.
III. Auswirkungen der Entscheidung des gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 31. Mai 2018
Die grössten Auswirkungen werden die Versicherungsgesellschaften spüren, da sie sowohl im Fokus von EMIR, als auch der Solvency II stehen und sich auf die Umsetzung der korrespondierenden Vorschriften vorbereiten müssen. Die Meldepflicht nach EMIR beginnt am 01. Dezember 2018, wie auch die Clearingpflichten für Kategorie 1 Entitäten. Während grössere Finanzinstitutionen voraussichtlich geringe Implementationsschwierigkeiten haben werden, sollten kleinere Institutionen und Unternehmungen bereits heute mit der Vorbereitung beginnen.
Zusammenfassung
- Kleinere Entitäten, insbesondere nicht finanzielle Gegenparteien mit Sitz im EWR sollten umgehend mit der Vorbereitung für die Erfüllung der Meldepflicht, welche ab dem 01. Dezember 2018 anwendbar ist, beginnen.
- Finanzinstitutionen mit Sitz im EWR, insbesondere kleinere, sollten nicht nur mit der Vorbereitung für die Meldepflicht beginnen, sondern insbesondere auch mit der Vorbereitung für die Clearingpflicht, welche für Kategorie 2 und darunter ab Juni 2019 verbindlich sein wird.
- Versicherungsgesellschaften sind sowohl durch die Level 2 Rechtsakte der EMIR und der Solvency II betroffen und müssen eine effiziente Ressourcenplanung vornehmen, um die Einhaltung aller Anforderungen und Fristen gewährleisten zu können.