Wie sich öffentliche Haushalte im Lot halten

Roland Schegg Director, Leiter Consulting Familienunternehmen & KMU, PwC Switzerland 15 Februar, 2022

Für Vertreterinnen und Vertreter von öffentlichen Haushalten gewinnen diverse Fragen an Brisanz und Dringlichkeit: Was hat COVID-19 bei den Staatsfinanzen verändert? Welche Transparenz braucht es, um strategisch weitsichtig zu handeln? Wie entwickeln sich Finanzierung und Budgetierung? Wie sieht der Finanzplan der Zukunft aus?

Im vergangenen Jahr habe ich solche und weitere Fragestellungen wiederholt mit diversen Expert:innen und Verantwortlichen von öffentlichen Finanzen diskutiert. Erkenntnisse und so manch griffige Antwort aus diesen Gesprächen habe ich nachfolgend für Sie zusammengefasst.

Unterste Staatsebene verpflichtet

Die Aufgaben der Gemeinden wachsen, während deren Möglichkeiten, diese nach oben zu übertragen, beschränkt bleiben. Diese Tatsache liegt in den Prinzipien von Föderalismus und Subsidiarität als Grundlagen der fiskalischen Äquivalenz begründet und wurde durch die Pandemie akzentuiert. Gerade in Städten kann das zu folgenschweren Effekten führen, wie etwa in Luzern. Hier wachsen die Ausgaben der Stadt stärker als diejenigen der Gemeinden. Dennoch liegt das Ertragspotenzial des Kantons höher als jenes der Gemeinden. Was Finanzverantwortliche und Politiker:innen tun können, beschreibt Franziska Bitzi Straub, Stadträtin und Finanzdirektorin der Stadt Luzern, wie folgt: «Nur auf der Einnahmenseite zu schrauben, funktioniert nicht. Denn das Volk glaubt nicht daran. Man muss auch Ausgabensenkungen prüfen.»

Von der Schuld zur Last

Ein Thema, über das wir 2021 oft und auf unterschiedlichen Staatsebenen debattierten, ist die Verschuldung. Einigen Kantonen wie zum Beispiel dem Kanton Appenzell Ausserrhoden lud die Pandemie substanzielle Mehrbelastungen durch ausserordentliche Zahlungen an staatliche Gesundheitsinstitute und an den Spitalverbund auf. In manchen Kantonen und Städten stieg die Verschuldungsentwicklung in schwindelerregende Höhen. Der Weg zurück in begehbarere Höhenlagen und hin zu einem erfolgreichen Schuldenabbau ist mit erheblichen Stolpersteinen und manch einem Umweg ausgelegt. Dazu Paul Signer, Regierungsrat und Finanzdirektor des Kantons Appenzell Ausserrhoden: «Die Kantone sollten selbstbewusst ihren Weg gehen und wissen, wohin dieser führt.»

Vor der Krise ist nach der Krise

Besonders gerne erinnere ich mich an ein Gespräch mit Serge Gaillard, ehemaliger Direktor der eidgenössischen Finanzverwaltung. Die Finanzpolitik des Bundes hat sich gemäss Gaillard im Verlauf der COVID-19-Krise deutlich gewandelt. Ein starker Anstieg der Einnahmen hat das Wachstum von Ausgaben in ausgewählten Bereichen und den Schuldenabbau begünstigt. Die Entwicklung des Schuldenabbaus seit der Schuldenbremse lässt darauf schliessen, dass in den kommenden Jahren nach wie vor Defizite möglich sind. Mit Blick auf die wirtschaftspolitischen Massnahmen sieht er eine intensivierte Einkommens-, Liquiditäts- und Infrastruktursicherung sowie einen deutlichen Wechsel von der Härtefall- zur Entschädigungslogik. Insgesamt fehlt aktuell der Spielraum für steuerpolitische Abenteuer, denn die Finanzpläne sind eng und noch stehen grosse Reformen wie die Finanzierung der ersten und zweiten Säule an. Diese Herausforderungen präzisiert Serge Gaillard so: «Die Finanzierung der Altersvorsorge lösen wir nur über Beiträge oder die Höhe des Rentenalters. Die staatlichen Prämien an die obligatorische Krankenversicherung sind Zwangsabgaben, weshalb sie in dieser Form nicht zukunftsfähig sind.»

«If you fail to plan, you are planning to fail»

Mit diesem Zitat von Benjamin Franklin fasste Hanspeter Trütsch, Journalist und langjähriger Bundeshausredaktor von SRF, die Situation der öffentlichen Haushalte im Rahmen der Moderation eines Fachevents zusammen. Hanspeter Trütsch stellt nicht nur die Planbarkeit einer Pandemie wie COVID-19, sondern auch die Planfähigkeit der politischen Entscheidungstragenden in der Schweiz in Frage. Er fordert die Involvierten auf, die Sicherheit neu zu denken, sich auf unerwartete Ereignisse stufengerecht vorzubereiten und zu einem konstruktiven Dialog zurückzukehren. «Es braucht weniger Nice-to-have und mehr Need-to-have. Es braucht Mut zur Lücke und zur Bescheidenheit», meint der erfahrene Korrespondent.

 

Studien und Blogs zum Öffentlichen Sektor

Aktuelles und Wissenswertes rund um den öffentlichen Sektor können Sie in unserem Blog lesen.

Mehr erfahren


Gerne für Sie da

Bei Fragen ist unser Team gerne für Sie da. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen. Für aktuelle Themen und Wissenswertes rund um den öffentliche Sektor, abonnieren Sie unseren PwC Newsletter.

Kontaktieren Sie uns

Philipp Roth

Philipp Roth

Lead Partner, Government & Public Sector, PwC Switzerland

Tel.: +41 79 634 13 25

Roland  Schegg

Roland Schegg

Director, Leiter Consulting Familienunternehmen & KMU, PwC Switzerland

Tel.: +41 79 215 29 31