63 % der Befragten haben zu wenig Ressourcen, um erforderliche Projekte umzusetzen
Kluft zwischen den Staatsebenen wächst, insbesondere die Gemeinden fallen bei wichtigen Themen zurück
Führungskräfte aller Staatsebenen gewichten Nachhaltigkeit 30 % tiefer als im Jahr davor (81 %)
Trotz wachsender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung sind Technologieregulierung und Digitale Ethik weiterhin keine Priorität für den öffentlichen Sektor
Zürich, 6. Juli 2023 – In der aktuellen Ausgabe des «Trendradar 2023» beleuchten das Smart Government Lab der Universität St. Gallen und PwC Schweiz die Lage im öffentlichen Sektor. Dazu wurden rund 150 Entscheidungstragende aus Politik und Verwaltung befragt. Es zeigt sich, dass das Jahr 2022 und die entsprechenden politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen einen grossen Einfluss auf Politik und Verwaltung ausgeübt haben.
Kantone und Gemeinden mit deutlich schlechterer Ressourcenausstattung als Bund
Die Befragten bewerten die Ressourcenlage markant schlechter als im Vorjahr. Nur 37 % geben an, über ausreichende oder gar übermässige Mittel zu verfügen. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Staatsebenen. Während die Bundesbehörden die Ressourcen ähnlich wie im Vorjahr einschätzen (44 %, ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr), sind die Kantone (34 %, minus 8 %) und Gemeinden (30 %, minus 10 %) deutlich pessimistischer eingestellt. Dieser Ressourcenmangel birgt ein hohes Risiko, da damit wichtige Investitionen beispielsweise im Bereich Cyber- oder Datensicherheit nicht getätigt werden können. 73 % der Teilnehmenden erkennen die Relevanz dieser Massnahmen, können aber nicht handeln.
Relevanz der ökologischen Nachhaltigkeit bricht ein
Des Weiteren empfinden die Studienteilnehmenden die ökologische Nachhaltigkeit mit 54 % als deutlich weniger relevant als noch im Vorjahr (81 %). Obwohl die Schweiz als Innovationsnation gilt, gehört der öffentliche Schweizer Sektor im Bereich Nachhaltigkeit international gesehen eher zum Mittelfeld. Am stärksten ist der Rückgang der Priorisierung in der Zentralschweiz, wo nur ein Drittel der Befragten die Nachhaltigkeit als relevant bis sehr relevant einstufen. Am anderen Ende der Skala liegen die Regionen Zürich und Genfersee, die immerhin noch Werte über 73 % erreichen.
Der Mehrheit der Befragten fehlt es für Investitionen in die Nachhaltigkeit an besagten Ressourcen (51 %), wobei die Gemeinden auch hier weniger Mittel zur Verfügung haben als Entscheidungstragende auf Bundesebene. Zudem herrschen regional grosse Unterschiede: Zwei Dritteln der Ostschweizer Befragten mangelt es an Ressourcen, während die Regionen Zürich und Genfersee mit 57 % bzw. 60 % klar mehr Mittel zur Verfügung haben. Neben Ressourcenmangel hapert es auch in der Umsetzung – nur ein Viertel der Befragten setzt bereits Projekte um. Auch hier hinken die Zentralschweiz und die Ostschweiz hinterher, Zürich sticht mit schweizweiten Höchstwerten von 63 % hervor. Immerhin: «Die bereits lancierten Massnahmen sind ermutigend», sagt Prof. Dr. Kuno Schedler, Direktor des Instituts für Systemisches Management und Public Governance der Universität St. Gallen. «Allerdings ist es essenziell, dass jedes Nachhaltigkeitsprojekt konsequent evaluiert wird. So können Entscheidungstragende wichtige Lerneffekte ableiten und die konkrete Umsetzung der Theorie in die dynamische Gesellschaft sicherstellen.»
Nachhaltigkeit als grosse Chance für Politik und Verwaltung
Grund für die Verschiebung der Prioritäten könnten die geopolitischen Ereignisse und daraus resultierend die Energiemangellage sein. Die Befragung fand im Dezember 2022 statt, als dieses Thema hochaktuell war. Doch der öffentliche Sektor sieht sich auch mit anderen Herausforderungen konfrontiert. Beispielsweise die fehlende Koordination und Transparenz zwischen den Staatsebenen und Ämtern, die knappen Ressourcen oder der emotionale politische und öffentliche Diskurs. «Der öffentliche Sektor muss sich systematisch mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen und es auch als Chance verstehen», erklärt Philipp Roth, Partner und Leiter Beratung öffentlicher Sektor bei PwC Schweiz. «Denn Nachhaltigkeit bietet grosses Potenzial: Beispielsweise können so Ressourcen effizienter genutzt werden und die Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung durch einen vorbildlichen Umgang in Sachen Nachhaltigkeit gesteigert werden. Nicht zuletzt schafft eine Priorisierung der Nachhaltigkeit Wettbewerbs- und Standortvorteile.»
Klare Fortschritte im Krisenmanagement
Doch es gibt auch gute Neuigkeiten: Die Führungskräfte der öffentlichen Hand haben offensichtlich aus den Krisenjahren gelernt. Sie verzeichnen ein Plus von 10 % und damit klare Fortschritte bei der Stärkung der Resilienz in Krisensituationen. Ein weiteres relevantes Thema für die Befragten sind Technologieregulierung und digitale Ethik. Um die 70 % möchten einen selbstbestimmten Umgang der Bevölkerung mit digitalen Anwendungen und eigenen Daten, die Sensibilisierung für einen ethischen Umgang mit Daten und die Regulierung aufkommender Technologien fördern. Im Vergleich zu anderen Themen nimmt dies aber keine prioritäre Stellung ein. Daher ist es wenig verwunderlich, dass auch hier nur etwa jede:r Dritte konkrete Massnahmen umsetzt.
Über diese Studie
Für den «Trendradar 2023» vom Smart Government Lab der Universität St. Gallen und PwC Schweiz haben die Autor:innen im Dezember 2022 rund 150 Führungskräfte von Bund, Kantonen und Gemeinden befragt. Die Teilnehmenden stammen aus allen Regionen der Schweiz (exkl. Kanton Tessin) und diversen Organisationstypen und -grössen. Die komplette Studie zum Download finden Sie hier.
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