Die BVG-Reform geht in die Vernehmlassung

09 Jan 2020

Am 13. Dezember 2019 hat der Bundesrat die BVG-Reform in die Vernehmlassung geschickt. Was sind die wesentlichen Punkte dieses Gesetzesvorentwurfs und welche Punkte geben Anlass zu Diskussionen und Kontroversen?

Ausgangslage

Die Gesetzesvorlage zur Altersvorsorge 2020 ist durch das Schweizer Volk am 24. September 2017 abgelehnt worden – damit auch die darin vorgesehene Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge von 6.8% auf 6.0%. Daraufhin hat der Bundesrat beschlossen, für die 1. und 2. Säule zwei getrennte Vorlagen zu erarbeiten. Die Botschaft zur Stabilisierung der 1. Säule (AHV21) ist bereits im August dieses Jahres durch den Bundesrat verabschiedet worden.

Am 13. Dezember 2019 hat der Bundesrat nun die BVG-Reform in die Vernehmlassung geschickt. Die vorgeschlagene Reform bezweckt die Sicherung der Renten, die Stärkung der Finanzierung sowie die Verbesserung der Versicherung von Teilzeitbeschäftigten und damit insbesondere von Frauen. Auch dieses Mal bildet die Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen Vorsorge Dreh- und Angelpunkt der Reform. Der Gesetzesvorentwurf stützt sich dabei weitgehend auf den von den Sozialpartnern (SAV, Travail.Suisse und SGB) ausgearbeiteten Kompromissvorschlag ab, dies weil der Bundesrat diesen für eine mehrheitsfähige Reform hält. Die Vernehmlassung dauert bis zum 27. März 2020.

Eckdaten des Gesetzesvorentwurfes

Die grundlegenden Neuerungen dieses Vorentwurfs sind die folgenden:

Gegenstand Massnahme Ziel der Massnahme
Umwandlungssatz Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8% auf 6.0% in einem Schritt mit Inkrafttreten der Reform Sicherung der Finanzierung der beruflichen Vorsorge; Anpassung an die höhere Lebenserwartung sowie das tiefe Zinsniveau
Ausgleichsmassnahme Rentenzuschlag Lebenslanger monatlicher Rentenzuschlag für künftige Alters- und Invalidenrentner der beruflichen Vorsorge von CHF 100 bis 200 je nach Jahrgang; Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen; ab 16. Jahrgang Festlegung der Höhe durch Bundesrat
Finanzierung durch Umlageverfahren: Zusätzlich 0.5% auf AHV-pflichtigem Einkommen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zahlen (wobei Arbeitgeber mind. die Hälfte der Beiträge übernehmen muss)
Erhalt des Niveaus der Altersleistungen; Ausgleich der Senkung des Umwandlungssatzes
Koordinationsabzug Senkung von heute CHF 24'885 auf CHF 12'443 Höherer versicherter Lohn und bessere Absicherung von Versicherten mit tieferen Löhnen (Teilzeitbeschäftigte und Frauen)
Altersgutschriften Anpassung der Altersgutschriften:
25-34: 9% (bisher: 7%)
35-45: 9% (bisher: 10%)
45-54: 14% (bisher: 15%)
55-65: 14% (bisher: 18%)
Erhöhung der beruflichen Chancen älterer Arbeitnehmer (Reduktion der Unterschiede jung/alt; Senkung der Lohnkosten für ältere Arbeitnehmer)

Würdigung des Gesetzesvorentwurfs

Es ist zu begrüssen, dass der Bundesrat nach der Abstimmungsniederlage der Altersvorsorge 2020 einen weiteren Versuch startet, die gesetzlichen Rahmenbedingungen an die veränderten demographischen und finanzmarktechnischen Gegebenheiten anzugleichen und sich so insbesondere erneut der Senkung des Mindestumwandlungssatzes im obligatorischen Bereich annimmt.

Anlass zu Diskussionen und Kontroversen gibt zweifelsohne die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes sowie der zum Ausgleich dieser Umwandlungssatzsenkung vorgesehene Rentenzuschlag. Dies aus den folgenden Gründen:

  • Ein Umwandlungssatz von 6% ist versicherungstechnisch bereits überholt, was sich darin wiederspiegelt, dass die Umwandlungssätze bei einigen (umhüllenden) Vorsorgeeinrichtungen bereits unter 6% respektive sogar unter 5% liegen. 
  • Der Rentenzuschlag wird für sämtliche anspruchsberechtigte Rentner einer Übergangsgeneration gleich sein, dies unabhängig von der Rentenhöhe und dem über das BVG hinausgehende Anteil der Rente.
  • Er wird über zusätzliche Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge finanziert, was zur Einführung einer neuen (systemfremden) Umlagekomponente von Jung zu Alt sowie und von Vorsorgeeinrichtungen mit einer vorteilhaften Altersstruktur zu den anderen führt.
  • Auch erweist sich die zentrale Finanzierung über den Sicherheitsfonds als administrativ aufwändig – dies sowohl für die Vorsorgeeinrichtungen als auch für den Sicherheitsfonds. Der zusätzliche Beitrag zur Finanzierung des Rentenzuschlags wird nämlich von der Vorsorgeeinrichtung erhoben und basiert auf dem AHV-pflichtigen Einkommen, was (zusätzlich zum reglementarisch versicherten Lohn und unter Umständen dem Lohn gemäss BVG Obligatorium) die Meldung eines weiteren Lohnes durch den Arbeitgeber erforderlich macht. Der Sicherheitsfonds wiederum fungiert als zentrale Verteilungsstelle – er verlangt die Beiträge bei den Vorsorgeeinrichtungen ein und zahlt die vorgesehenen Rentenzuschläge an die Vorsorgeeinrichtungen aus.

Weniger Anlass zu Diskussionen dürften die Änderung des Koordinationsabzuges sowie die Änderungen der Altersgutschriften im BVG geben, da dadurch Themen adressiert werden, die aufgrund der bisher geführten Diskussionen grundsätzlich mehrheitsfähig erscheinen.

Zusammenfassend werden im Rahmen des Gesetzesvorentwurfes die bisherigen Solidaritäten aufgrund der Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentnern teilweise abgebaut und durch neue Solidaritäten ersetzt, welche wiederum den künftigen Rentnern zu Gute kommen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das Vernehmlassungsverfahren dazu beitragen wird, ein optimales Gleichgewicht zwischen einer kompromissfähigen und einer nachhaltigen Lösung zu finden.

Zusammenfassung
  • Am 13. Dezember 2019 hat der Bundesrat die BVG-Reform bis am 27. März 2020 in die Vernehmlassung geschickt.
  • Die vorgeschlagene Reform bezweckt die Sicherung der Renten, die Stärkung der Finanzierung sowie die Verbesserung der Versicherung von Teilzeitbeschäftigten.
  • Die wesentlichen Änderungen betreffen die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes, den zum Ausgleich dieser Umwandlungssatzsenkung vorgesehenen Rentenzuschlag, die Senkung des Koordinationsabzugs sowie die Anpassung der Altersgutschriften.
  • Es werden bisherige Solidaritäten aufgrund der Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentnern teilweise abgebaut und durch neue Solidaritäten ersetzt, welche wiederum den künftigen Rentnern zu Gute kommen.

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