Zwischen KI und Ratio

Anwendungsfelder und Herausforderungen von generativer künstlicher Intelligenz (KI)

Bogdan Sutter
Director Advisory, Strategy and Digital Change Expert, PwC Schweiz

Die jüngste Ausgabe der PwC-Studie «Swiss Entertainment & Media Outlook 2023–2027» beleuchtet die Nutzung, Anwendungsfelder und Herausforderungen von generativer künstlicher Intelligenz (KI) in der Branche. Und wagt einen Blick in die Zukunft.

Die Verschiebung der Schweizer Unterhaltungs- und Medienbranche (E&M) hin zu digitalen Kanälen und Formaten setzt sich fort. Das zeigt der neuste «Swiss Entertainment & Media Outlook 2023–2027» von PwC Schweiz. Ein besonderes Potenzial dieses Trends birgt die generative KI. Wie sie heute im E&M-Markt eingesetzt wird und diesen morgen verändert, greift die Studie in einem Schwerpunktkapitel auf.


Medialer Dauerbrenner

Die Technologie der generativen KI basiert auf fortschrittlichen Deep-Learning-Modellen. Sie lernt aus vorhandenen Daten und generiert auf deren Grundlage neue Inhalte. Die Technologie an sich ist nicht neu. Neu ist, dass Plattformen und Tools leichter zugänglich und einfacher bedienbar sind als je zuvor. Es erstaunt daher nicht, dass generative KI seit der Einführung des künstlich intelligenten Chatbots ChatGPT im November 2022 eine enorme mediale Aufmerksamkeit geniesst. Die E&M-Industrie nutzt die Technologie vermehrt, um neue mediale Inhalte zu generieren und Recherchen zu betreiben 

Vielseitig dynamisiert

Der stürmische Vormarsch von generativer KI wird durch mehrere Faktoren begünstigt. Zum Beispiel werden generative KI-Grundlagenmodelle auf riesigen Mengen unstrukturierter Daten aus dem Internet trainiert. Diese sind dank sozialer Plattformen und nutzergenerierter Inhalte im Überfluss vorhanden. Zudem profitieren KI-basierte Modelle von immer leistungsfähigeren Hardwarekomponenten, Cloud-Hosting- und Bereitstellungsumgebungen. Im Weiteren investieren gerade die Mächtigen der Big-Tech-Branche wie Microsoft, Google, Baidu, IBM und Nvidia massgeblich in generative KI. So ziehen KI-Start-ups und -Pilotprojekte die Aufmerksamkeit von Investierenden auf sich. Und schliesslich skaliert generative KI in immer weiteren Anwendungsfeldern neuartige Formen der Personalisierung. 

Rege genutzt und gefördert

Drei Viertel der E&M-Studienunternehmen geben an, generative KI zu nutzen; 46% der Befragten mindestens einmal pro Woche. Besonders rege setzen Werbeagenturen die Technologie ein, was sie zu Branchenpionieren macht. Für ihre Tätigkeiten ist generative KI besonders geeignet, etwa um selbstständig neue Inhalte wie Musik, Texte und Videos zu erstellen, Texte zu übersetzen oder Ideen zu generieren. 35% der Befragten nennen mangelndes Verständnis als Hauptgrund, warum sie noch auf generative KI verzichten.

Das Nutzungsverhalten von Mitarbeitenden korreliert mit der Förderung durch Arbeitgebende. So fördern 71% der befragten Unternehmen den Einsatz von generativer KI entweder massvoll oder stark. Bemerkenswert ist, dass vor allem KMU mit bis zu 250 Mitarbeitenden die Technologie häufig nutzen. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass kleine Organisationen neue Technologien oft schneller absorbieren als Grossunternehmen.

Vorteile erkannt

87% der Studienteilnehmenden glauben, dass der zunehmende Einsatz von generativer KI mehr Vorteile als Nachteile bringt, etwa die Verbesserung des Zuschauererlebnisses oder die Steigerung der Kreativität. Derzeit setzen E&M-Akteure generative KI vor allem für einfachere Aufgaben und unterstützend ein. Sie nutzen die Technologie für die Automatisierung von täglichen oder arbeitsintensiven Routineaufgaben und ihre Prozesse, also für mehr Produktivität.

«Generative KI setzt Zeit für kreative und hochwertige Aufgaben frei.»

93% der Befragten geben an, dass generative KI ihren Geschäftsalltag einfacher und effizienter macht. Diese Einschätzung widerspiegelt diejenige von 82% der Befragten, mit KI erstellte Inhalte seien qualitativ gleich oder weniger hochwertig als Inhalte, die von Menschen erstellt wurden. Demnach verschafft generative KI den Mitarbeitenden Zeit, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die menschliche Intelligenz erfordern. 77% der Befragten wünschen sich, dass der Einsatz von generativer KI in Zukunft zunimmt. Das beweist, dass die E&M-Branche an das Potenzial der Technologie glaubt. 

Vorbehalte bleiben

Allem Optimismus zum Trotz birgt generative KI auch ernsthafte Risiken, etwa hinsichtlich Datenschutz, Umweltverträglichkeit oder ethischer Integrität. 72% der Studienteilnehmenden sehen den Schutz sensibler Daten durch KI gefährdet. Mehr als drei Viertel der Befragten misstrauen der generativen KI und den von ihr erzeugten Inhalten. Neun von zehn Befragten zeigen sich besorgt, generative KI unterscheide eventuell nicht zwischen wahren und falschen Informationen. Im Mittelpunkt dieser Bedenken stehen die Auswirkungen auf Urheberrechte. Von generativer KI erzeugte Ergebnisse sind neuartig, aber sie greifen auf bestehende, ursprüngliche Inhalte zurück. Damit drohen sie, Urheberrechte zu verletzen. Viele Kunstschaffende äussern sich bestürzt darüber, dass generative KI ihr Material ohne Erlaubnis verwendet und ähnliches Material in den Markt zurückspeist. 

Kontroverse Preisdebatte

59% der Studienteilnehmenden glauben, dass generative KI die Arbeitswelt revolutionieren wird und sogar Arbeitsplätze in der E&M-Branche ersetzen könnte. Ob und wie generative KI die Preise der E&M-Branche verändert, wird hitzig diskutiert. Die einen fürchten, der Preisdruck könnte zunehmen, weil generative KI Aufgaben erleichtert und damit Kosten reduziert. Andere halten dagegen, dass sie Qualität und Leistung verbessere, was preissteigernd wirken könnte. Der Einfluss von generativer KI auf die bezahlte Suche dürfte darin bestehen, die Relevanz, Genauigkeit und Nützlichkeit von Suchergebnissen zu verbessern. Vollständig ersetzen wird sie die Suche allerdings kaum.

Überragender Game Changer

Die Schwerpunktuntersuchung des diesjährigen E&M-Outlooks fördert eine gewisse Ambivalenz zutage, die neuartigen Technologien eigen ist. Einerseits birgt generative KI ein disruptives Momentum für Veränderungen in allen Bereichen des E&M-Marktes. So sind die befragten Branchenvertretenden der Nutzung und den Vorteilen gegenüber positiv eingestellt. Andererseits stehen Herausforderungen und Risiken im Raum, etwa mangelnde Sicherheit von Daten, unzureichende Integrität von Aussagen oder die Verletzung von Urheberrechten. Fakt ist: Generative KI setzt Zeit für kreative und hochwertige Aufgaben frei, da sie Routineaufgaben automatisiert. Ob sie sich damit zu einem wertvollen Werkzeug, einer Rivalin oder einer Katalysatorin für menschliche Kreativität entwickelt, bleibt abzuwarten. So oder so: Generative KI hat die Arbeitswelt bereits erheblich verändert und wird es weiterhin tun. E&M-Verantwortliche sind gut beraten, diesen Spielmacher im Auge zu behalten und weitsichtig zu agieren.

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