Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat am 5. Februar 2019 eine Präzisierung der Verwaltungspraxis zum Artikel 14a Absatz 3 der Verrechnungssteuerverordnung (VStV) publiziert. Die neue Verwaltungspraxis lockert die Bedingungen, unter welchen eine ausländische Konzerngesellschaft eine von einer schweizerischen Anteilsinhaberin garantierte Anleihe emittieren und die Mittel in die Schweiz zurückführen kann, ohne dass die ausländische Anleihe in eine Schweizer Anleihe umqualifiziert wird und die Zinszahlungen damit der schweizerischen Verrechnungssteuer unterliegen würden.
Rückblick
Die veröffentlichte Präzisierung der Verwaltungspraxis ist im Zusammenhang mit der Änderung von Art. 14a Abs. 3 der VStV vom 1. April 2017 zu sehen. Vor dieser Änderung wurde eine durch eine ausländische Konzerngesellschaft emittierte Anleihe in eine Schweizer Anleihe umqualifiziert, wenn diese durch eine inländische Konzerngesellschaft (direkte oder indirekte Anteilseignerin der Emittentin) garantiert wurde und wenn diese Mittel auch nur in geringem Umfang in der Schweiz verwendet wurden. Mit der Änderung des besagten Artikels der VStV vom 1. April 2017 wurde die Umqualifikation nur noch dann vorgenommen, wenn der Mittelrückfluss von dieser ausländischen Konzerngesellschaft in die Schweiz das Eigenkapital der ausländischen emittierenden Konzerngesellschaft überstieg. Weil jedoch die ausländische emittierende Konzerngesellschaft in der Regel über ein geringes Eigenkapital verfügt, brachte diese Anpassung für konzernexterne Finanzierungsaktivitäten kaum eine Verbesserung. Hingegen brachte die Anpassung des Art. 14a Abs.3 VStV vor allem eine Verbesserung für die Führung eines Cash Pools in der Schweiz.
Verbesserte Möglichkeiten zur Konzernfinanzierung
Mit der veröffentlichten Präzisierung der Praxis wird der «schädliche Mittelrückfluss» neu definiert. Der maximale Umfang eines nicht-schädlichen Mittelrückflusses aus inländisch garantierten Auslandsanleihen entspricht neu der Summe der kumulierten Eigenkapitale sämtlicher ausländischer Gesellschaften des Konzerns (Eigenkapitalvariante). Für Beteiligungsverhältnisse unter 100 Prozent wird das Eigenkapital der ausländischen Konzerngesellschaft im Rahmen der jeweiligen Beteiligungsquote berücksichtigt.
Des Weiteren liegt kein schädlicher Mittelrückfluss vor, wenn die Summe der Mittel, welche im Rahmen von inländisch garantierten Auslandsemissionen in die Schweiz weitergeleitet werden, nicht grösser ist als die Summe der durch inländische Konzerngesellschaften an ausländische Konzerngesellschaften gewährte Darlehen (Verrechnungsvariante). Die Eigenkapital- und die Verrechnungsvariante können miteinander kombiniert werden.
Die Anwendung der Eigenkapital- bzw. Verrechnungsvariante setzt einen Steuervorabbescheid (Ruling) der ESTV voraus.
Praxisauswirkungen
Durch die Präzisierung der Definition eines «schädlichen Mittelrückflusses» ist ein erheblich höherer Mittelrückfluss aus Auslandsanleihen in die Schweiz möglich. Dies gibt den Schweizerischen Konzernen deutlich mehr Flexibilität zur Finanzierung von Konzerngesellschaften aus der Schweiz heraus. Die Praxisänderung führt deshalb zu einer weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für Konzernfinanzierungsaktivitäten in der Schweiz. Die Präzisierung der Praxis ist vor dem Hintergrund der im Rahmen von «Base erosion and Profit Shifting» gestiegenen Substanzanforderungen sehr zu begrüssen und wird den Standort Schweiz stärken.
Nächste Schritte
Wir empfehlen, bestehende Finanzierungsstrukturen im Hinblick auf eine mögliche Anwendung der Eigenkapital- und/oder Verrechnungsvariante zu überprüfen und gegebenenfalls einen Steuervorabbescheid der ESTV einzuholen. Gerne sind wir Ihnen dabei behilflich.
Martin Büeler, martin.bueeler@ch.pwc.com
Martin Burri, martin.burri@ch.pwc.com