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Die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Unterstellung für in der Schweiz tätige Verwaltungsräte von Schweizer Aktiengesellschaften ist in der Praxis im Einzelfall nicht immer einfach; es können umfangreiche Abklärungen erforderlich sein. Der Hauptgrund dafür liegt in der Vielfalt der möglichen Szenarien aufgrund der persönlichen Situation des Verwaltungsrats (z. B. Wohnsitz, Nationalität, weitere Mandate und Tätigkeiten).
Weil der Verwaltungsrat als oberstes Exekutivorgan einer Gesellschaft nach aussen sichtbar ist, soll-te unter anderem die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten in eigener Sache gewährleistet sein: Verwaltungsräte haben auch aus persönlichen Gründen, insbesondere zwecks Vermeidung von uner-wünschten vorsorge- oder steuerrechtlichen Überraschungen in der Zukunft, ein grosses Interesse, ihre eigene Situation korrekt zu regeln.
Sozialversicherungsrechtliche Perspektive
Ein Verwaltungsrat geht als Organ einer Schweizer Gesellschaft ein organschaftliches Verhältnis mit dieser ein, welches einerseits in der Organstellung gegenüber der Schweizer Gesellschaft begründet ist, aber auch arbeitsvertrags- und auftragsähnlich ist.
Das Honorar des Verwaltungsrats gilt aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht (Schweiz) hingegen als Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit und ist von der Gesellschaft als solches abzurechnen, sofern die Tätigkeit nicht als Arbeitnehmer eines Dritten ausgeübt wird.
Obwohl der Verwaltungsrat somit in der 1. Säule als Arbeitnehmer versichert ist, kann er in der Regel nicht in die Unfallversicherung der Gesellschaft, welcher er vorsteht, aufgenommen werden. Eine Ausnahme besteht, wenn neben der Verwaltungsratstätigkeit gleichzeitig eine operative Tätigkeit in der Gesellschaft ausgeübt wird. Ein Verwaltungsrat ist daher unter Umständen gut beraten, für den Fall eines Unfalls (und gegebenenfalls einer Krankheit) eine Absicherung auf privater Basis zu erwägen.
Pensionskasse für Verwaltungsräte
Ist ein Verwaltungsrat dem schweizerischen Sozialversicherungsrecht unterstellt, besteht grundsätzlich auch eine Versicherungspflicht gemäss BVG – vorausgesetzt, er erfüllt die weiteren Voraussetzungen (wie z. B. Alter/Lohnhöhe). Eine Ausnahme von der BVG-Pflicht besteht, wenn die Tätigkeit als Verwaltungsrat nur nebenberuflich ausgeübt wird und dieser bereits für eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit in der Schweiz obligatorisch versichert ist oder wenn er im Hauptberuf eine nach schweizerischem Sozialversicherungsrecht selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt.
Die BVG-Pflicht und damit insbesondere die Abgrenzung zwischen haupt- und nebenberuflicher Tätigkeit ist im Einzelfall zu prüfen. Diese Prüfung sollte in der Praxis die Vorsorgeeinrichtung vornehmen, jedoch verlässt sich diese in der Regel auf die von der Gesellschaft bzw. dem Arbeitgeber erhaltenen Informationen. Dieser Umstand kann zu Fehlern im Hinblick auf die Versicherungsunterstellung führen, was aus Sicht des Arbeitgebers bzw. der Vorsorgeeinrichtung wiederum finanzielle Risiken birgt.
Ein internationales Verhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn kann auch bei in der Schweiz domizilierten Gesellschaften vorliegen, wenn zum Beispiel ein Verwaltungsrat im Ausland wohnt, oder er bei im Ausland domizilierten Gesellschaften weitere Verwaltungsratsmandate ausübt.
In solchen Fällen muss das anwendbare Sozialversicherungsrecht aufgrund des nationalen Rechts und des ihm übergeordneten internationalen Rechts bestimmt werden, d. h., es müssen je nach Situation die EU-Verordnungen oder möglicherweise bestehende bilaterale Sozialversicherungsabkommen konsultiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder Staat die Verwaltungsratstätigkeit gemäss eigenem Recht als selbst- oder unselbstständige Tätigkeit definieren kann.
Als Beispiel soll ein freiberuflich tätiger deutscher Arzt mit Wohnsitz in Deutschland dienen: Er wird in den Verwaltungsrat einer Schweizer Gesellschaft gewählt und reist für die Vorbereitung und Teilnahme von fünf zweitägigen Verwaltungsratssitzungen jeweils in die Schweiz. Die sozialversicherungsrechtlichen Koordinationsregeln sehen in diesem Fall in der Regel vor, dass er mit Beginn des Verwaltungsratsmandats ausschliesslich dem schweizerischen Sozialversicherungsrecht untersteht und zwar mit seinem gesamten EU- und Schweizer Einkommen. Konsequenterweise muss er von seinem selbstständigen Einkommen, welches er in Deutschland als Arzt erzielt, in der Schweiz Sozialversicherungsbeiträge abführen.
Vor Annahme bzw. Ablehnung eines Verwaltungsratsmandats lohnt es sich, die Situation zu analysieren bzw. zu planen, da bereits eine vermeintlich geringe Veränderung in der persönlichen Situation, beispielsweise die Annahme einer unselbstständigen Tätigkeit in Deutschland oder die Vor- und Nachbereitung der Verwaltungsratssitzungen von Deutschland aus, einen Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung haben bzw. zu einer abweichenden Beurteilung führen kann.
Arbeitgeber haben die Verantwortung, ihre versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Verwaltungsräte korrekt zu versichern. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie die massgebenden Informationen zur Hand haben.
Als Verwaltungsrat haben Sie verschiedene Gründe, weshalb Ihre Situation mit der aktuellen Gesetzeslage konform sein sollte. Dadurch schützen Sie im Endeffekt sich selber und Ihre Angehörigen.
Gerade in internationalen Verhältnissen empfiehlt es sich, bei Annahme von Verwaltungsratsmandaten die Unterstellungsfragen zu klären, um mögliche nicht erwünschte Folgen frühzeitig zu erkennen.
Kornel Wick
Managing Director, Private Clients – Executive Advisory, PwC Switzerland
Tel.: +41 58 792 42 48